Die Höhlen von Postojna – Eine Wanderung unter den Berg

Auf die riesige Tropfsteinhöhle von Postojna haben wir uns schon lange gefreut. Doch hält das Naturspektakel, was der hohe Eintrittspreis verspricht?

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Heute geht es tief unter die Erde – denn mit einem Besuch der weltberühmten Grotte in Postojna steht neben den Plitvicer Seen und Dubrovnik eines der drei Hauptziele unseres diesjährigen Urlaubs auf dem Tagesplan. Ganze 24 Kilometer ist das Höhlensystem groß und stellt damit die zweitgrößte für Touristen geöffnete Tropfsteinhöhle der Welt dar.

Allerdings sollte man anmerken, dass lediglich 5 Kilometer für Besucher zugänglich sind (und davon wiederum 3,5 km mit einem Zug zurückgelegt werden). Trotz der scheinbar „wenigen“ 1,5 Kilometer, die man letztendlich noch zu Fuß zurücklegt, dauert eine komplette Tour immer noch um die 90 Minuten. Es gibt also entweder viel zu sehen oder man kommt lediglich im Schneckentempo voran. Wir bereiten uns optimistisch auf die erstere Option vor.

In jedem Fall gönnen wir uns erst einmal ein ausgiebiges Frühstück, um uns auf die Anstrengungen das Tages vorzubereiten. Das gibt es hier spottbillig und inklusive Omelette recht üppig portioniert. Lecker!

Wanderung durch slowenische Wälder

Wie gestern beschrieben, liegt unser Campingplatz nicht gerade am Puls der Stadt. Ganz im Gegenteil: Einsam und von riesigen Bäumen umzingelt befinden wir ins kilometertief im Wald. Was einerseits für eine angenehme und ruhige Atmosphäre sorgt, wird uns jetzt zum Verhängnis – wollen wir doch in der Grotte nicht die ganze Zeit die Motorradhelme mit uns herumschleppen.

Nun gut, dann wird das heute einfach ein sportlicher Tag – ungefähr 5km müssen wir zu Fuß bis zum Eingang der Grotte zurücklegen. Glücklicherweise gibt es einen schönen Wanderweg, der abseits vom Stress der Hauptstraße zurück in die Stadt führt. Genau abpassen, wann wir loslaufen, müssen wir nicht – schließlich starten die Besichtigungen im Sommer zu jeder vollen Stunde.

Der Wanderweg erweist sich zunächst als waldig, dann als hügelig und schließlich sogar als ein wenig belebt, als wir kurz vor der Stadt einige Kleingärten und einen Hundeparcours passieren. An der Hauptstraße angekommen, konsultieren wir unsere Karte und biegen vor der eigentlichen Stadt rechts ab, um eine Abkürzung zu nehmen.

Gerade Anja behagt diese Entscheidung überhaupt nicht – hätten wir doch einfach der offensichtlicheren Hauptstraße folgen können. Jetzt laufen wir an scheinbar verlassenen Armeekasernen vorbei, und die Straße macht Biegungen, die wir so gar nicht erwartet hatten. Ein kurzer Plausch mit ein paar Anwohnern schafft aber Gewissheit: Ja, das hier ist noch der richtige Weg zur Grotte.

Ironischerweise hätten wir das 100 Meter weiter vorne auch selbst bemerkt. Die Straße führt steil abwärts an einem Hang zurück zur Hauptstraße, von dem man den wie ein Ferienpark anmutenden Eingang zur Höhle schon sehen kann.

Der Eingang – Über Tickets und Sourvenirs

Als wir endlich ankommen, sind wir plötzlich gar nicht mehr so alleine. Egal ob asiatische Busgruppen, Schulklassen oder einfache Besucher wie wir – schon von weitem sieht man die sich tummelnden Menschenmassen. Die befüllen eine bogenförmige Promenade, die bei den Ticketschaltern anfängt, in zahlreiche Restaurants und Souvenirshops übergeht und schließlich beim Eingang in die Höhle endet.

Aber eins nach dem anderen: Anja tänzelt geschickt am Tumult vorbei und findet tatsächlich einen Ticketschalter, den keine große Warteschlange blockiert. Wenig später können wir bereits die Tickets kaufen – für den heftigen Preis von je 28 Euro. Aber gut, das hatten wir im Vorfeld bereits recherchiert und entschieden, dass uns eines der größten Naturwunder Europas das Geld wert ist.

Wie wir jedoch jetzt erst herausfinden, sind die Tickets nicht etwa für eine beliebige Tour des Tages gültig, sondern auf eine bestimmte Uhrzeit festgelegt. Die Dame am Schalter fragt uns vor dem Kauf aber noch einmal, welche Tour wir denn gerne antreten würden. Da es etwa 10:30 Uhr ist, entscheiden wir uns für die 11:00 Uhr Tour.

Genug Zeit, um noch einmal in einem der vielen Restaurants/Hotels auf Klo zu gehen. Da wir aber tendenziell lieber zu früh als zu spät kommen, stehen wir gleich darauf auch schon am Eingang und drehen mit den Daumen. Immerhin sind wir hier nicht die einzigen. Die Warteschlangen sind in Nationalitäten unterteilt und wir kommen schnell ins Gespräch mit einigen der anderen Deutschen.

Kurz vor 11:00 Uhr öffnen sich dann die Pforten. Zumindest die ersten. Die Gruppen gehen ein paar Schritte voran in einen bisher abgesperrten Bereich, stehen dann aber auch erst einmal wieder dumm herum. Vor uns tut sich in der Felswand eine riesige Spalte auf, in der eine massive Tür verbaut ist. Das muss der Eingang sein!

Hinter uns rührt sich aber auch etwas und einige der Menschen verschwinden in einem Seitengang mit Blitzlichtgewitter. „Okay, sind vielleicht VIPs, die eine eigene Tour abseits der Touristen gebucht haben“, denke ich mir. Als dann immer mehr Menschen dort hin verschwinden, macht sich zunehmend Nervosität breit. Erst als wir als letztes noch übrig sind und uns ein Crewmitglied endlich anspricht, wird klar, dass der eigentlich Haupteingang nicht das große Tor vor uns, sondern eben dieser kleine Seitengang ist.

Das Blitzlichtgewitter entpuppt sich schließlich als eine Horde Fotografen, die jede einzelne Person knipst, die an ihnen vorbei will – um die entwickelten Bilder am Ende der Tour zu verkaufen.

Mit dem Zug durch die Unterwelt

Nachdem wir nun den „richtigen“ Eingang doch noch gefunden haben, befinden wir uns alsbald in einer Art kleinem Bahnhof, wo wir einen Zug besteigen, der von Aufbau her dem eines Jahrmarktes ähnelt. Als er losfährt, merken wir sofort, warum man uns geraten hat, hier eine Jacke mitzubringen. Der Fahrtwind macht die ohnehin schon kühle Höhle nicht gerade wärmer. Ehe wir uns versehen, herrschen um uns herum nur noch 10 Grad Celsius.

Dafür gibt es aber auch etwas für die Augen: Wir rauschen vorbei an orange beleuchteten Felsformationen, Stalagmiten und -titen, die sich mal in großen Kammern an der Seite, mal direkt vor unserer Nase befinden. Ich war schon in so mancher Höhle, aber Postojna hat einen ganz eigenen Flair: Der Stein hat eine weißlich-beige Färbung, die immer wieder ins rötliche abgleitet, die Strukturen sind in der ganzen Höhle durch Jahrtausende tropfenden Wassers organisch geformt und die hohe Luftfeuchtigkeit kann man trotz kühler Temperatur förmlich schmecken.

Das Symbol zur Infobox

Ein Fahrt wie im Minenwagen

Auch staunen wir über die scheinbar recht laschen Sicherheitsbestimmungen, da wir derart knapp an Wänden und Decken vorbeifahren, dass wir wohl einen Finger verlieren würden, wenn wir unsere Arme nicht eng am Körper behielten. Darauf macht auch der kurze, amüsant gestaltete Infofilm vor der Fahrt noch einmal aufmerksam.

Wer die Höhle also mit kleinen Kindern besucht, sollte allzu übermütiges Fingerzeigen besser vor vorneherein unterbinden.

Nach ca. 10 Minuten der Fahrt halten wir schließlich in einer der größten Kammern an: Endstation. Der Raum ist so groß, dass sich vor uns ein kleiner Tropfsteinberg auftut, den wir nun über spezielle Fußgängerwege besteigen. Anfangs sind wir ein wenig desorientiert, finden aber glücklicherweise schnell unseren (deutschen) Tourguide, der schon damit angefangen hat, mit Taschenlampe und Lautsprecher ein wenig über die Geschichte und Entstehung der Höhle zu erzählen.

Dabei verrät er uns auch etwas, über das ich mich schon vorher gewundert habe: Obwohl wir recht steile Wege erklimmen, rutschen unsere Schuhe auf dem nassen Betongrund nie ab. Das liegt daran, dass hier ein spezielles Quarzgemisch zum Einsatz kommt, das auch unter nassen Bedingungen wie trockenes Gummi an der Sohle klebt. Das Ganze wirkt ein wenig surreal, da mir meine Erfahrung sagt, dass wir auf derart steilem und nassem Beton eigentlich ausrutschen müssten – es aber nie tun. Von der Idee könnte sich manch eine Straße mal eine Scheibe abschneiden.

Unerwartet in der Finsternis

Die Führung ist ziemlich amüsant und führt uns im Laufe der nächsten Stunde durch die verworrenen Gänge der Grotte. Dabei gibt es aber eigentlich zu jeder Zeit nur einen Weg vorwärts, sodass man sich nicht verirren kann. An bestimmten Stellen hält unser Guide immer mal wieder inne und plaudert über das eine oder andere historische Detail – etwa, dass die einzige Eisenbrücke, die wir in der ganzen Grotte besteigen, noch ein Relikt aus  dem 1. Weltkrieg ist und einst von den Russen erbaut wurde.

Bei unserer Reise durch den Berg sind wir übrigens keineswegs allein: Soweit das Auge reicht (bzw. soweit es die Kammern und Gänge erlauben) tummeln sich Menschenmassen. Die befinden sich aber entweder weit vor unserer Gruppe oder weit dahinter. Von daher fühlen wir uns nie bedrängt und auch Anja bleibt trotz leichter Neigung zur Klaustrophobie völlig entspannt.

Diese Entspannung wird am tiefsten Punkt der Höhle allerdings auch hart auf die Probe gestellt: Urplötzlich fällt der Strom aus – und mit ihm alle Lichter. 5 km tief im Berg stehen wir komplett im Dunkeln. Man könnte meinen, es wäre ein schlechter Witz: Von all den Horrorklischees, die einem beim Besuch einer Höhle passieren können, ist das wohl das Abgedroschenste.

So abgedroschen sogar, dass mir das Szenario ironischerweise schon vorher durch den Kopf geschossen ist und ich mir Gedanken darüber gemacht habe, wie ich in so einer Situation reagieren würde. Dank der mentalen Vorbereitung reagiere ich instinktiv und zücke mein Smartphone, um uns mit der eingebauten Taschenlampe den Weg zu erleuchten. Wenig später kommen andere auf die gleiche Idee und die Menge beruhigt sich wieder. So weit, so gut. Ich will schon vorschlagen, dass wir erst einmal unseren Tourguide weiter vorne suchen sollten (der vermutlich am besten weiß, was nun zu tun ist und die Höhle auswendig kennt) als glücklicherweise das Licht von selbst wieder anspringt.

Eine wirklich skurrile Erfahrung. Wir sind uns bis heute nicht ganz sicher, ob sich weiter vorne einer der Tourguides einen Scherz erlaubt hat, jemand aus Versehen auf einen Schalter gekommen ist oder ob die Elektrik dringenden überholungsbedürftig ist.

Der Rest der Tour verläuft (gottseidank) ohne weitere Vorfälle und wir kommen nach ettlichen Minuten des Wanderns am Ende des Rundkurses an. Dort finden wir einen Souvenirshop (in Form eines modernen Glashauses) in einer großen Kammer samt einigen Toiletten.

Wenige Meter weiter voraus befinden wir uns dann wieder an einem Bahnhof, wo wir den Zug zurück zum Ausgang der Höhle nehmen. Die Gleise verlaufen zu großen Teilen parallel zu denen, die uns in die Höhle hinein getragen haben – mit einem kleinen Unterschied: Die Endstation der Zugfahrt befindet sich in der größten Kammer der ganzen besichtigten Höhle inklusive unterirdischem See mit rauschendem Wasser. Wahnsinn! Interessanterweise ist es auch diese Kammer, die sich direkt hinter der riesigen Felsöffnung verbirgt, die wir anfangs als Haupteingang interpretiert hatten. Wir möchten fast länger bleiben, aber wir müssen ja heute auch noch den gleichen Weg zurückwandern, daher reißen wir uns vom Naturspektakel los und stehen bald wieder im Tageslicht.

Ausspannung mit Eis

„Mein Gott ist das grell!“ – So oder ähnlich fluche ich über unsere unsere Rückkehr in die Welt der Lebenden. Hier herrscht gleißendes Licht und schwüle Hitze – zumindest im Vergleich zur Grotte. Plötzlich ist uns das kühle Klima von vorhin gar nicht mehr so unrecht.

Dafür gibt es nur eine Lösung: ein Eis! Schon bei unserer Ankunft haben wir eine nette Eisdiele erblickt, zu der wir jetzt schnurstracks pilgern, um uns wieder etwas abzukühlen und uns für die harte Wanderung zurück zum Campingplatz zu stählen. Wer am Tag 10+ Kilometer zu Fuß unterwegs ist, muss sich hier nicht zurückhalten.

Wir schnappen uns noch 1 – 2 Souvenirs für Familie und Freunde und begeben uns auf den Heimweg. Der gestaltet sich im Grunde identisch zum Hinweg und findet daher hier keine besondere Erwähnung. Sicherlich hatten wir aber Glück mit dem Wetter, da wir kurz nach der Ankunft am Campingplatz dunkle Wolken und den ein oder anderen Regentropfen auf der Backe spüren.

Zum Abend gönnen wir uns heute einen zweiten Besuch im Campingplatzrestaurant, bestellen aber heute nicht noch einmal die absurde Fleischokalypse von gestern, sondern begnügen uns mit je einem Schnitzel.

Aber: Dass ich heute den gleichen, fantastischen Nuss-Palatschinken nehme, den Anja gestern (und auch heute wieder) hatte, steht außer Frage. Hach ja, wen interessieren schon Kalorien im Angesicht derart harter Urlaubsarbeit.