Bastia bis St. Florent – Unser erster Tag auf Korsika

Nach unserer dreitägigen Anreise setzen wir heute zum ersten Mal den Fuß auf Korsika. Und die Insel wird ihrem Ruf sofort gerecht.

2x
geteilt

Sanfte Wellengeräusche und leichtes Schaukeln. Viel mehr Sinneseindrücke liefert mir meine Umgebung nicht, als uns der Wecker im Dunkeln aus dem Bett reißt. Langsam lichtet sich die Schlaftrunkenheit und ich erinnere mich, dass wir immer noch auf der Nachtfähre nach Korsika sind (ersparen wir uns durch die Überfahrt bei Nacht doch einige Tage Reisezeit). Innerlich hoffe ich, dass Anja den Radau vielleicht überhört hat und ich noch 10-15 harmlose Minütchen weiterschlafen kann, aber das Rascheln im oberen Bett verrät mir, dass daraus wohl nichts wird. Leider müssen wir heute so früh aufstehen, weil wir laut Fähren-Webseite die Kajüte spätestens eine Stunde vor der Ankunft verlassen sollen – weshalb wir den Wecker zum Anziehen, Zähneputzen und Packen auf 5 Uhr gestellt haben. So wirklich meine Zeit ist das nicht, aber nun gut – wer abenteuerlich sein will, muss leiden.

Mit mäßigem Elan machen wir uns fertig, verlassen in voller Motorradkluft kurz vor 6 Uhr das Zimmer und sehen… nichts. Auf dem Gang draußen herrscht gähnende Leere. Anscheinend nehmen es unsere Mitpassagiere mit den Auscheckzeiten nicht ganz so genau. „Na toll“, denke ich mir, „da hätte ich auch noch weiterschlafen können!“ Immerhin sind wir so die ersten im Frühstücksrestaurant. Dort gönnen wir uns erst einmal ein Croissant und einen Kaffee und werfen anschließend einen Blick gen Westen. Und da ist es endlich: Korsika!

Schon von weitem erkennt man, woher die Insel ihren Beinamen „Gebirge im Meer“ hat: Von hier aus scheint sie nur aus einem endlosen Bergkamm zu bestehen. Die Hafenstadt Bastia taucht erst viel später aus dem dunklen Schatten der Hintergrundkulisse auf. Spätestens jetzt sind wir hellwach und voller Vorfreude auf unser Ziel.

Korsika, wir kommen!

Wir beobachten vom Deck aus, wie die Fähre immer näher an Bastia heranrückt und schließlich vor dem Hafen hält, wo der Kapitän sie geschickt rückwärts in eine Bucht einparkt. Wirklich schnell geht das alles nicht, und als es mit dem Entladen der Fahrzeuge losgeht, ist es bereits 7:30 Uhr – bzw. fast 8 Uhr, als wir als Motorradfahrer endlich an der Reihe sind. Dafür ist das alles sehr gut koordiniert: Es wird über den Schiffslautsprecher durchgegeben, wann es Zeit ist, sich zu seinem Parkdeck zu begeben. Die Verspätung beunruhigt uns auch nicht, denn wir haben die heutige Reiseplanung spontan etwas entspannt: Ursprünglich wollten wir noch einen Schlenker um das Nordkap von Korsika machen, aber wegen der Strapazen bei der Wüstendurchquerung gestern fahren wir doch lieber direkt über den Berg – was kilometertechnisch absolut keinen Marathon darstellt – und gönnen uns einen Pausetag.

Nach dem Entladen fahren wir daher statt nach Norden eher in Richtung Süden, um zum Col de Teghime zu gelangen. Der Weg führt uns anfangs an der Hafenpromenade von Bastia über eine Schnellstraße (bzw. Staustraße) entlang, bis wir rechtwinklig nach Westen abbiegen. Ab jetzt geht es bergauf – und zwar ordentlich. Die Straßen werden immer kleiner und keine zwei Kilometer später fahren wir bereits die ersten Serpentinen. Wir können kaum glauben, wie schnell wir auf die Passhöhe von 500 Metern kommen, und haben dabei richtig Spaß.

Oben halten wir kurz an und genießen die Aussicht. Von hier hat man einen fantastischen Blick zurück auf Bastia und die weiterlaufende Küste. Auch ein merkwürdiges Monument findet sich hier, das einem mit Steinen umringten Scheiterhaufen ähnelt – wer oder was hier wohl verbrannt wurde?

Erfrischt schwingen wir uns auf die Bikes und fahren auf der anderen Seite wieder herunter. Die damit einhergehende Hitzewelle ist ernüchternd, aber immerhin sind wir schon fast am Ziel. Nach ein paar Kilometern Fahrt durch ein recht trockenes Tal entdecken wir unseren Campingplatz Camping D’Olzo am Wegesrand vor St. Florent – und sind bei 30+ C° (am frühen Morgen!) heilfroh, uns gegen den Abstecher zum Cap Corse entschieden zu haben (auch wenn wir gehört haben, dass sich die Fahrt an der Küste entlang lohnen soll). So haben wir von der Fähre bis zum Ziel nur ca. 20 km zurückgelegt – was sich durch die Überquerung des Gebirgskammes aber nach mindestens doppelt so viel angefühlt hat. Ab jetzt heißt es Entspannen!

Eine kleine Oase bei St. Florent

Das fällt uns hier glücklicherweise leicht: Der Campingplatz ist gemütlich in einem schattigen Wald versteckt, der uns vor den schlimmsten Sonneneinwirkungen schützt und reichlich Stellplätze bietet. Neben großen Sanitäranlagen und Waschräumen stehen auch eine Pizzeria, ein Pool und ein Minimarkt auf dem Gelände zur Verfügung. So lässt es sich leben! Wir nutzen die viele Freizeit heute zum Mittagessen, Wäsche waschen und Baden gehen – denn der Campingplatz liegt nur unweit von einem Badestrand entfernt. Gerade für mich ist das ein spannendes Erlebnis, da ich wohl das letzte Mal mit 13 im Meer baden war.

Der Weg zum Strand zieht sich leider ein wenig und wir werden noch einmal ziemlich durchgebraten. Unser einziger Wegbegleiter ist dabei ein lauter Zikadenchor – die Anwohner selbst sind wohl längst vor der Hitze in ihre Häuser geflüchtet. Als die blaue Rettung endlich in Sicht kommt, sind wir zwar erleichtert, müssen aber feststellen, dass der Strand hier nur aus toten Algen besteht. „Wurscht“, sage ich mir – „den Weg bin ich jetzt sicherlich nicht umsonst gekommen“, klettere über die Algenklippen und arbeite mich ins kühle Nass vor. Anja folgt mir dabei etwas zaghaft. Als wir dann aber zusammen entdecken, dass sich der gemütliche Sand wohl eher im Meer als am Ufer versteckt, haben wir richtig Spaß und lassen uns eine ganze Weile von den Wellen treiben. Daran, dass man Salzwasser besser nicht ins Gesicht bekommen sollte, muss ich mich aber erst wieder gewöhnen.

Zurück am Campingplatz lassen wir unseren ersten Tag auf Korsika gemütlich bei zwei (oder drei) Pizzen und einem Glas Wein ausklingen. Mittlerweile bläst ein erfrischender Wind durch die Bäume und wir fallen glücklich und wohltemperiert ins Bett, in gespannter Erwartung auf den nächsten Tag  – denn dann heißt es: Auf nach Calvi!

Routenüberblick

Datum: 27. Juni 2017
Schwierigkeitsgrad: mittel
Länge: 21 km, ca. 40 min Fahrzeit
Eindrücke: Die Strecke ist sehr kurz, führt aber direkt über den Bergkamm. Es geht also hoch hinauf und man hat eine tolle Aussicht.