München bis Mauterndorf – Kurven und Kekse

Bereits unser erster Anreisetag bietet uns tolle Straßen und herrliche Alpen-Ausblicke. Auch wenn der gewählte Übernachtungsplatz doch nicht ganz so umfangreich ausgestattet ist, wie ich es erwartet hatte...

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Wie immer bin ich am Tag unserer Abreise hibbelig hoch drei. Zum üblichen Reisefieber gesellen sich dieses Jahr noch zwei weitere Faktoren, die für zusätzliche Nervosität sorgen: Unser neues Zelt – und unser neues Gewicht.

Weniger auf den Rippen, dafür mehr auf dem Gepäckträger

Marvin und ich haben nach unserer letztjährigen Korsika-Tour mit einer (längst überfälligen) Diät begonnen und kräftig abgespeckt. Ich wiege inzwischen ganze 25 kg weniger, Marvin hat sogar schon sagenhafte 43 kg verloren. Wir fühlen uns sehr wohl damit, haben uns aber an unsere veränderten Körper noch nicht so 100%ig gewöhnt. Wie wird sich das neue Gewicht auf das Motorradfahren auswirken? Nun, wir werden es bald herausfinden.

Die zweite Veränderung ist unser im letzten Sommer (gerade noch rechtzeitig, als Auslaufmodell) erworbenes neues Luxuszelt, das Vista 300 der dänischen Firma Robens.

In den letzten Jahren haben wir zunehmend unter den Schwächen unseres bisherigen Zeltes gelitten: Lediglich Sitzhöhe im Innenraum, schräge Eingangstüren (was bei Regen immer zu einem nassen Nacken beim Herauskriechen geführt hat – nebst schmutzigen Knien) und eher stickiges Polyester-Zeltmaterial. Das geringe Packmaß und Gewicht sowie das einfache Aufstellen waren wiederum eindeutige Pluspunkte des alten Modells. Allerdings sind wir ja nicht zu Fuß unterwegs, das Gepäck tragen schließlich die Motorräder. Also haben wir uns einmal in einer etwas größeren Zeltklasse umgesehen – und sind fündig geworden.

Das Vista 300 besteht aus besonders atmungsaktivem Baumwoll-Mischgewebe, hat Stehhöhe, besitzt einen geräumigen Vorraum und einen senkrechten Ausgang mit kleinem Vordach. Dadurch ist es allerdings auch um einiges schwerer (insgesamt wiegt es satte 15,5 kg), hat ein voluminöseres Packmaß (70 x 31 cm) und ist natürlich etwas umständlicher aufzubauen. Trotzdem haben wir zugeschlagen – und sind jetzt gespannt, ob es sich im Urlaubs-Alltag bewähren wird.

Damit Marvins BMW nicht den gesamten riesigen Zeltsack alleine transportieren muss, übernehme ich das Gestänge. Vom Gewicht her alles kein Problem – was wir selbst an Masse verloren haben, lässt das Mehrgewicht des neuen Zeltes schließlich alt aussehen. Auch das höhere Packmaß macht sich erfreulich wenig bemerkbar. Zudem lassen sich die Säcke mit unseren ebenfalls neu erworbenen ROK Straps super easy aufschnallen. Wie kommt es, dass wir diese göttlichen Befestigungsriemen nicht schon früher entdeckt haben? Unbedingt empfehlenswert!

Frühstück mit Bergblick

Derart neu ausgestattet – innerlich wie äußerlich – starten wir noch vor 9 Uhr morgens die Motoren und düsen los – nur um uns ungefähr 3 Minuten später bereits das erste Mal zu verfahren. Da konnte man doch früher noch rechts auf den Ring abbiegen? Nun, seit der Eröffnung des Tunnels am Luise-Kiesselbach-Platz geht das offensichtlich nicht mehr und wir sind gezwungen, geradeaus weiterzufahren. Glücklicherweise ist der Umweg nicht groß (und bleibt auch der einzige Verfahrer während des gesamten Urlaubs), unmittelbar daraufhin befinden wir uns wie geplant auf der Autobahn Richtung Salzburg. Knappe 30 Minuten später erreichen wir dann auch die Raststation Irschenberg, wo wir einen Frühstücksstopp einlegen (zuhause war der Kühlschrank bereits leergeräumt – außerdem kriege ich kurz vor der Abfahrt aufgrund meiner Nervosität nichts herunter).

Bei grandiosem Bergblick, nicht minder guter Laune und perfektem Wetter genießen wir Cappuccino und Gebäck. Nach so vielen Monaten Diät freue ich mich auch in kulinarischer Hinsicht auf die vor uns liegenden zwei Wochen. Wir haben uns nämlich vorgenommen, während des Urlaubs nicht auf Kalorien zu achten – und dadurch auch gleich zu überprüfen, ob unsere Theorie, dass man bei einem Motorradurlaub nicht zunimmt, tatsächlich richtig ist.

Halb Österreich im Schnelldurchlauf

Weiter geht es Richtung Süden. Am Rosenheimer Kreuz biegen wir ab nach Kufstein, verlassen aber kurz vor der österreichischen Grenze (bei Oberaudorf) die Autobahn. Es geht uns nicht darum, das Geld für die Vignette zu sparen, vielmehr finden wir beide Autobahnfahrten unsäglich langweilig. Also Schluss damit und ab auf die Landstraße, die sich hier schon nach kurzer Zeit angenehm kurvig durch die immer höher werdenden Alpen schlängelt.

Kurz hinter Kössen verlassen wir die B172 und fahren Richtung Lofer.  Danach folgen Weißbach und Saalfelden am Steinernen Meer, es geht quer durch die Salzburger Schieferalpen und weiter nach Unter- und Obertauern. Die gesamte Strecke ist landschaftlich traumhaft schön und wunderbar zu fahren. Immer wieder bieten sich einem tolle Ausblicke, die Straße ist durchgängig gut und ausreichend kurvig, um nicht langweilig, aber auch nicht allzu anstrengend zu sein. Nach knapp 270 km erreichen wir am Nachmittag unseren ersten Übernachtungsplatz, Camping Mauterndorf.

Ich hatte den Platz vor unserer Reise ausgesucht, weil dort die Infrastruktur (gleich zwei Restaurants quasi nebenan, Shop auf dem Campingplatz, umfangreiches Wellnessangebot) besonders gut erschien, habe dabei aber leider übersehen, dass das nicht für die jetzt noch herrschende Vorsaison gilt. Keines (!) der Restaurants hat geöffnet und der Shop nur am Vormittag für wenige Stunden. Wir müssen ziemlich bedeppert ausgesehen haben, als uns die Campingplatzangestellte das erklärt, denn sie beeilt sich hinzuzufügen, dass nur wenige Gehminuten entfernt, im Ort Mauterndorf selbst, natürlich sowohl (geöffnete) Gasthäuser als auch andere Einkaufsmöglichkeiten zu finden wären.

Gottseidank, wir müssen also nicht hungern! Nachdem ich auf einen Schlemmer-Urlaub eingestellt bin, wäre es schrecklich gewesen,  wenn ich gleich am ersten Abend mit ein paar Proteinriegeln hätte Vorlieb nehmen müssen … was für ein schauderhafter Gedanke! 😉

Wer essen will, muss wandern

Wir bauen also unser neues Zelt auf (wir hatten das zuhause ein, zweimal geübt – und auch jetzt klappt es reibungslos und erfreulich flott), ziehen uns um, schnappen unsere Rucksäcke und marschieren los. Zuerst treibt uns lediglich der Hunger voran, doch dann bemerken wir, dass die Umgebung echt sehenswert ist. Ein breiter Kiesweg führt vom Campingplatz aus an einem idyllischen Bach entlang durch den Wald. Nach ungefähr zwei, drei Kilometern lichten sich die Bäume und man hat einen herrlichen Blick auf Wiesen, die darin eingestreuten Häuser des Ortes Mauterndorf (samt prächtiger Burg) und die umgebenden Alpen. Schön, wirklich sehr schön!

Inzwischen sind wir fast dankbar darüber, dass die Restaurants am Campingplatz beide geschlossen haben, denn schließlich sind wir dadurch in den Genuss dieser feinen Wanderung gekommen. Und glücklicherweise strapaziert der Weg dieses Gefühl auch nicht über, denn nach insgesamt ca. 20 Minuten erreichen wir schon die Ortsgrenze.

Wir überlegen kurz, ob wir nicht in der Burggaststätte speisen sollen – der Blick wäre sicherlich grandios – merken aber, dass die Küche dort nur bis 18 Uhr geöffnet hat. Ein Blick auf die Uhr zeigt kurz nach fünf. Nein, das ist uns zu hektisch. Außerdem müssen wir noch für das morgige Frühstück einkaufen. Eigentlich wollten wir ja im Campingplatzrestaurant frühstücken, aber das geht ja jetzt nicht … also suchen wir via Google-Maps nach einem Supermarkt und decken uns dort mit dem Nötigsten ein. Honig in der Quetschflasche, einzeln verpackter Käse und Minisalamis. Perfekt! Frisches Brot können wir in der Früh im Laden des Campingplatzes kaufen, immerhin.

Österreichische Keks-Wissenschaft

Auf dem Weg zur Kasse entdecke ich in einem Regal Tüten mit Dragee Keksis. Uralte Erinnerungen drängen sich mir plötzlich auf … ich habe nämlich in grauer Vorzeit für einige Jahre in Österreich (genauer gesagt: in Tirol) gelebt und damals diese superleckeren Kekse kennengelernt. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass man mit den Dingern tatsächlich nicht aufhören kann, sobald man die Packung einmal geöffnet hat – wer die Werbung kennt, weiß vielleicht, wovon ich rede. Wer nicht, sollte einmal bei YouTube danach suchen ;-).

Begeistert erzähle ich Marvin davon. Er schaut erst auf die unspektakulär wirkende Süßigkeit, dann – mit deutlichen Zweifeln im Gesicht – auf mich. Also fackel ich nicht lange und packe zwei der Tüten ein. Schließlich gilt es etwas zu beweisen!

Nach dem Einkauf gönnen wir uns ein leckeres Abendessen in einem der Gasthäuser im Ortszentrum. Angesichts der Kekse im Gepäck verzichten wir jedoch auf einen Nachtisch, schultern unsere Rucksäcke und marschieren zurück zum Campingplatz. Es geht auf den Abend zu – und da wir uns auf über 1.100 m ü. A. befinden, sinken mit der Sonne auch die Temperaturen. Auf unter 10 Grad.

Jetzt zeigt sich einer der Nachteile eines geräumigen, atmungsaktiven Zeltes: Selbst nachdem wir alle Belüftungsfenster geschlossen haben, wärmt es sich nur langsam auf. Doch wofür haben wir unsere Schlafsäcke? Also mummeln wir uns auf unseren Stühlen darin ein, setzen uns an den Tisch (im Innenbereich vor dem Schlafzelt haben Tisch und Stühle bequem Platz) und futtern Kekse. Einmal auf den Geschmack gekommen, kann Marvin ebenfalls nicht mehr damit aufhören. Gott, ist das gemütlich – das Leben kann so schön (und lecker) sein 🙂

Routenüberblick

Datum: 15. Juni 2018
Schwierigkeitsgrad: mittel – schöne Kurven, gute Straßenqualität
Länge: 270 km, ca. 4 h Fahrzeit
Eindrücke: landschaftlich sehr schön, erst recht für eine Anreisestrecke