Hameln – und dann heim

Hamburg war der letzte große Halt auf unserer Deutschlandreise, jetzt geht es auf kürzestem Weg heimwärts. Und weil es doch ganz schön weit ist von Hamburg nach München, haben wir die Heimfahrt in drei gemütliche Etappen aufgeteilt.

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Der Abschied vom Elbecamp fällt uns erstaunlich schwer. In kürzester Zeit ist uns dieses unglaublich sympathische und chillige Fleckchen Sand richtig ans Herz gewachsen. Wir genießen noch ein letztes Frühstück, dann packen wir und starten bei herrlichstem Wetter zurück Richtung Heimat, nach Süden.

Und wir fahr’n fahr’n fahr’n auf der Autobahn…

Wie schon einen Großteil des bisherigen Urlaubes, wählen wir auch diesmal den direktesten und kürzesten Weg – und der führt nun einmal über die Autobahn. Ich schalte in den höchsten Gang, drehe den Gashebel, bis wir komfortable 110 km/h fahren (mehr schafft mein leichtes Möped nicht, ohne instabil zu werden) und kämpfe in den nächsten Stunden damit, nicht einzuschlafen.

Bis ich an einer der Ausfahrten von einem LKW fast beiseite gerammt werde, der anscheinend erst recht spät gemerkt hat, dass er hier raus muss. In letzter Sekunde merke ich, dass er vor/neben mir rüberzieht, und kann nur durch beherztes Bremsen verhindern, dass sein hinteres Fahrzeugteil mich noch erwischt. Marvin, der das ganze über seinen Rückspiegel beobachtet hat, flucht herzhaft, und auch mir schlägt das Herz bis zum Hals. Das war verdammt knapp! Bei nächster Gelegenheit fahren wir an eine Raststätte und beruhigen unsere Nerven mit etwas Fettig-Zuckrigem, ehe wir die letzten Kilometer bis zum Ziel angehen.

Ich weiß schon, warum ich Autobahnen so hasse. Insbesondere deutsche. Wann kommt endlich das schon lange überfällige Tempolimit? OK, bei dem Beinahe-Unfall eben hätte das wohl auch nichts geholfen – aber insgesamt empfinde ich die Autobahnfahrten in allen anderen Ländern Europas als wesentlich entspannter.

Hameln – von Ratten und Pfannkuchen

Hameln besitzt nur einen einzigen Campingplatz, der sich eher als großer, begrünter Wohnmobilparkplatz herausstellt. Wir tuckern in der Mittagspause auf den Platz und reservieren uns gleich mal einen der wenigen Plätze mit etwas Schatten, nur um kurz darauf, als die Rezeption wieder öffnet, auf die Zeltwiese verwiesen zu werden. Ein schmaler, leicht abschüssiger und nur grob gemähter Rasenstreifen am Ufer der nebenanliegenden Weser ist uns nicht als „Zeltwiese“ ins Auge gestochen (vermutlich auch wegen der nicht vorhandenen Zelte).

Leicht verstimmt darüber, dass wir als Zeltler mal wieder in die letzte Ecke verbannt werden, biete ich an, den höheren Preis für den Stellplatz oben zu bezahlen, doch der Campingplatzbetreiber bleibt eisern. Es werden noch einige Wohnmobile erwartet und der Platz reiche sonst nicht aus. Grmpf. Stromkästen gibt es auf der Wiese natürlich auch keine, aber dank unseres langen Kabels können wir uns an einem der Wohnmobilplätze mit einstecken.

Nicht gerade ein Highlight, dieser Platz, denke ich mir, bis ich zum Duschen in die Sanitären marschiere. DIE haben es wirklich in sich. Offensichtlich hat sich der Campingplatzbetreiber hier kreativ verwirklicht, sehr hübsch! Freundlich waren die Leute eigentlich auch. Und im Grunde haben wir es auf der Wiese besser als die Wohnmobile, die so dicht nebeneinanderstehen müssen, dass man dem Nachbarn problemlos ins Bier spucken könnte.

Frisch geduscht und besserer Laune sammle ich Marvin ein und wir machen uns auf den Weg in die nicht weit entfernte Altstadt.

Hameln ist den meisten wohl durch die Sage über den „in vielfarbig bunte Gewänder gekleideten“ Rattenfänger ein Begriff, der – um seinen verdienten Rattenfängerlohn geprellt – die Kinder der Stadt auf Nimmerwiedersehen weglockt.

In der auch so schon sehenswerten Altstadt des Ortes wird an allen Ecken und Enden auf diese Sage hingewiesen. Es finden sich Statuen des Rattenfängers, Rattenbildnisse und alle möglichen Tafeln mit Informationen. Der Hintergrund zur Entstehung dieser Sage ist nicht zweifelsfrei geklärt, aber wir erfahren, dass die Geschichte wohl in 30 Sprachen übersetzt wurde und auch in anderen Ländern (so z.B. der USA oder Japan) zum Schulunterricht gehört. Schätzungsweise mehr als eine Milliarde Menschen kennen sie. Das finden wir durchaus beeindruckend!

Ähnlich beeindruckend finden wir die nächste Attraktion Hamelns: Das Restaurant „Pfannekuchen„. Wie der Name vermuten lässt, gibt es dort ausschließlich Gerichte mit Pfannkuchen in unzähligen althergebrachten und kreativen neuen Zubereitungen.

Das Lokal liegt zwar recht versteckt in einer Seitengasse, die wir nur dank Google-Maps finden, ist aber überraschend voll. Wir bekommen dennoch einen hübschen Platz in einem kleinen Hinterhof und probieren je eine deftige und eine süße Variante. Die Pfannkuchen sind dicker, als ich sie selbst zubereiten, würde, schmecken aber hervorragend.

Danach sind wir so vollgefressen, dass wir keine große Lust mehr auf weitere Wanderungen durch das Städtchen haben. Wir schleppen uns zurück ins Zelt, verrammeln alle Türen und Fenster und machen es uns gemütlich, während wir grinsend den Mücken zusehen, die vergeblich versuchen, durch die Fliegengitter zu uns ins Innere zu gelangen.

Die letzte Etappe: Marvins Heimat

Am nächsten Morgen brechen wir unser Zelt ab und reinigen es vor dem Einpacken auch gleich etwas ausgiebiger, da wir die letzte Nacht unseres Urlaubes im Haus von Marvins Mum verbringen werden. Die heutige Strecke kommt ohne Autobahn aus und wir genießen die kurvig-hügeligen Schnellstraßen in den östlichen Teil von Hessen.

Am frühen Nachmittag erreichen wir schließlich das Haus von Marvins Familie mütterlicherseits. Tja, und ab jetzt wird es privat :). Soviel sei verraten: Wir verbringen einen wunderschönen Abend bei guter Gesellschaft und ebenso gutem Essen.

Eigentlich könnten wir hier noch einen Tag länger bleiben, aber für Übermorgen sind schwere Gewitter angesagt. Also tuckern wir schon am nächsten Morgen bei großer Hitze, aber ansonsten unspektakulär die letzte Etappe zurück nach München.

Fazit, Corona und Gegenwart

Was ist unser Fazit? Die Idee zu diesem Urlaub quer durch Deutschland ist aus Geldmangel entstanden (alle anderen uns zu dem Zeitpunkt vorschwebenden Ziele waren mit teuren Fähren und/oder Autozügen verbunden und wir waren knapp bei Kasse) und wir haben nichts Besonderes erwartet. Eigentlich wollten wir nur rauskommen und dabei ein paar Wissenslücken bezüglich der deutschen Großstädte schließen (da bereist man ständig andere Länder, kannte aber – wie in meinem Fall – nicht einmal Berlin). Und herausgekommen ist ein wunderbar abwechslungsreicher Urlaub mit vielen tollen Begegnungen und Erlebnissen, wie man sich ihn schöner kaum hätte vorstellen können! Ich denke heute noch gerne daran zurück und frage mich (wie so oft): warum haben wir das nicht schon viel früher gemacht?

Gleichzeitig war es auch unsere bisher letzte größere Reise mit den Motorrädern. Im Jahr darauf hat Corona uns einen Strich durch die Urlaubsplanung gemacht. Wir wollten eigentlich durch die Westalpen bis in die Provence fahren, die Planung war bereits fertiggestellt – aber das Virus hat daraus einige kleine Fahrrad(!)touren in die Umgebung Münchens werden lassen.

Danach sind wir irgendwie nicht mehr richtig in die Pötte gekommen, haben bis heute (Juli 2023) nur noch kleinere Ausflüge mit den Motorrädern gemacht. Dafür gibt es viele Gründe, so zum Beispiel auch eine Fernreise: Mitte September diesen Jahres starten wir nämlich in unsere lange geplante (und wegen Corona ebenfalls mehrfach verschobene) Reise durch Japan. Drei Wochen Abenteuer und Sightseeing, mit Schnellzug und Rucksack, teilweise sogar mit dem Fahrrad, stehen uns bevor. Ich freue mich sehr darauf! Wer weiß, vielleicht berichte ich auf dieser Seite auch davon.

Und mal sehen, danach, im nächsten Jahr, hiefen wir unsere Hintern vielleicht endlich mal wieder auf die Motorräder.

Zeit wird’s! 

Routenüberblick

Datum: 4. – 6. Juli 2019
Schwierigkeitsgrad: einfach – sofern keine LKWs Amok fahren
Länge: ca. 850 km, aufgeteilt auf drei nicht allzu große Etappen
Eindrücke: fahrerisch auf den Landstraßen schön