Endspurt Anreise, heute wollen wir endlich Genua erreichen – und somit unsere Nachtfähre nach Korsika. Doch schon jetzt können wir sagen, dass es sich auf alle Fälle gelohnt hat, die Strecke auf drei (gemütliche) Etappen aufzuteilen. Die beiden letzten Tage waren bereits Urlaub pur!
Das westliche Ufer des Comer Sees
Wir gehen den Tag entspannt an, bestellen Frühstück an der Campingplatzbar (das ist überraschend günstig: pro Person 4,90 Euro für je zwei Semmeln, 2x Marmelade, 2x Butter und einen großen Cappuccino) und essen gemütlich auf der Terrasse, mit Blick auf den um diese Uhrzeit sehr ruhigen See.
Noch ist die Hitze erträglich, daher packen wir gleich nach dem Frühstück zusammen und brechen auf, ehe wir wieder kräftig ins Schwitzen geraten. Die Straße nach Süden führt direkt am Ufer des Sees entlang und ist wunderbar zu fahren. Der Verkehr ist hier etwas dichter, was uns aber nicht stört. Die Strecke ist angenehm kurvig und die Orte, die sich hier aneinanderreihen, sind wirklich hübsch. Überall sieht man typisch italienische Gebäude und viele Hotels, denen man ihr Alter zwar ansieht, die aber trotzdem nichts von ihrem Charme eingebüßt haben.
Nach knapp einer Stunde ist der südlichste Punkt des Sees erreicht – und somit auch das Ende des landschaftlich schöneren Teils der heutigen Strecke. Ab jetzt heißt es Gas geben auf der Autobahn. Die Po-Ebene ist alles andere als fahrerisch abwechslungsreich, also nix wie durch! Knapp 200 km sind es von hier aus noch bis zum Hafen von Genua und wir wenden unsere übliche Autobahn-Taktik an: regelmäßig eine Pause einlegen. Wegen der nun schon ziemlich ermüdenden Hitze (über 30 Grad) machen wir das alle 70 – 80 km, bei einem kühlen Getränk und einem kleinen Snack.
Das läuft erfreulich gut und wir kommen schnell voran. Nur die Mautstationen auf der Autobahn (insbesondere die rund um Mailand) sorgen für einige Adrenalinschübe:
Der Fluch der Mautstation!
Die erste Station erwischt uns kalt gleich nach einer Kurve (Waren da wirklich Schilder? Da waren doch keine Schilder, oder?). Hastig fahren wir an die nächstbeste Schranke – und natürlich handelt es sich dabei um eine ohne Personal und an der auch nur mit spezieller (italienischer?) Karte gezahlt werden kann. Glücklicherweise steht hinter uns bisher kein weiteres Fahrzeug, also können wir die Mopeds rückwärts schieben und eine andere Spur wählen. Ging ja noch mal gut!
Bei der nächsten Station sind wir schon aufmerksamer und achten extra darauf, dass über der gewählten Spur „Cash“ steht … übersehen aber nun den Hinweis darauf, dass es sich hierbei um einen Automaten handelt, also wieder kein Mensch daneben sitzt. Prompt reihen sich diesmal auch gleich mehrere Autos hinter uns ein und versperren den Fluchtweg. Es bleibt uns also nichts anderes übrig, irgendwie müssen wir hier durchkommen!
Hektisch schiebe ich meine EC-Karte in einen Schlitz, der mir dafür passend erscheint. Die Karte kommt umgehend zurück (immerhin) und eine italienische Ansage will mir irgendetwas mitteilen, was ich aber mangels ausreichender Italienischkenntnisse nicht verstehe – und unter dem Helm erst recht nicht. Schon leicht panisch versuche ich es mit der Kreditkarte, aber auch die wird wieder ausgespuckt. Die Automatenstimme wird immer lauter (für mich aber trotzdem nicht verständlicher) und die Gebührenanzeige (es geht um 3 Euro pro Motorrad) blinkt wie wild.
Ich gucke in den Rückspiegel und sehe, dass das Gesicht des Autofahrers hinter mir schon ziemlich finster wirkt. Gleich fängt er an zu hupen, wetten? Vollends entnervt kratze ich mit Müh und Not 3 Euro in Münzen zusammen. Über das Interkom bitte ich Marvin, sich neben mich zu stellen und auf mein Kommando zu warten. Ich füttere den Automaten mit den Münzen, die Schranke öffnet sich (endlich), ich rufe „Los!“ – und schön nebeneinander fahren wir beide gleichzeitig hindurch. Ja ja, ich weiß, jetzt haben wir die italienische Autobahngesellschaft um 3 Euro geprellt – aber was hätten wir denn tun sollen? Darauf warten, dass uns die Autos hinter uns wegrammen?
Von da an sind wir schlauer und reihen uns nur noch in die Spuren ein, über denen „Cash“, aber nicht „Automat“ steht. Das klappt erstaunlich problemlos. Kaum macht man alles richtig …
Heiße Kurven auf der Autobahn
Ungefähr 40 km vor Genua erreichen wir die Ausläufer der ligurischen Alpen – und die bisher schnurgerade Autobahn wird auf einmal kurvig. Und zwar nicht „so ein bisschen kurvig“, sondern richtig knackig, mit noch dazu deutlich schmaleren Fahrspuren. Fast rechnen wir damit, auch noch auf die eine oder andere Kehre zu treffen, aber so weit geht es dann doch nicht.
Man könnte meinen, dass das Fahren nun etwas lustiger wird, leider gilt aber ab hier eine strenge Geschwindigkeitsbeschränkung plus Überholverbot für LKWs – was dazu führt, dass diese sich jetzt rudelweise hintereinander aufreihen. Diesmal sind sie sogar uns zu langsam, und wir überholen sie so gut es geht. Wegen der vielen Kurven ist das aber nicht allzu angenehm. Ich mag es nicht, auf enger Fahrbahn an massenweise LKWs vorbeizufahren, weil es zwischen den hohen Fahrzeugen gerne mal einen unvorhersehbaren Windstoß von der Seite gibt, der einen zum Wackeln bringt. Und das, während man sich womöglich (Achtung, Wortspiel ;-)) gerade in Schräglage befindet. Habe ich schon erwähnt, dass es hier verdammt viele Kurven gibt?
Ich seufze erleichtert, als wir endlich die Abfahrt zum Fährhafen erreichen (Genova-Ovest). Marvin hat sich vorher im Internet glücklicherweise den richtigen Weg zum Hafen genauestens eingeprägt, so dass wir nur wenig später auch dort ankommen.
Immer schön links bleiben!
Unmittelbar nach dem Verlassen der Autobahn an der Ausfahrt „Genova-Ovest“ ist der Weg zum Fährhafen bereits ausgeschildert (mit „Porto“).
Nach der Mautstation sollte man unbedingt auf der linken Fahrspur bleiben!
Der Grund: Nach wenigen Metern zweigt die Straße zum Hafen nämlich einspurig links ab. Hat man sich nun vorher weiter rechts eingereiht und schafft es jetzt eventuell nicht mehr, auf die richtige Spur zu kommen, dann muss man die halbe Stadt durchqueren, ehe man wieder zurückgeführt wird. Bleibt man jedoch von vorneherein links, so ist das kein Problem und man erreicht den Fährhafen in nur wenigen Minuten!
Genua und der Hafen
Wer uns kennt, der weiß, dass wir Termine eher überpünktlich wahrnehmen. Unser Motto: Lieber warten und meckern, als verpassen und sich ärgern. Insbesondere bei Dingen, die wir noch nicht kennen – und der Fährhafen von Genua gehört eindeutig dazu.
Wir haben unsere Tickets bei Moby gebucht und die Anleitungen auf der Website gründlich studiert. Dort heißt es, dass man frühestens 6 Stunden vor Abfahrt auf das Hafengelände darf. In unserem Fall wäre das 15 Uhr – und um 15:05 Uhr trudeln wir dort ein. Punktlandung sozusagen. Die seit neuestem verschärften Sicherheitsmaßnahmen äußern sich darin, dass ein Bediensteter an der Einfahrt zum Hafen uns jeweils einen gelben Punkt vorne auf das Motorrad klebt. Als Zeichen dafür, dass wir „clean“ sind. Andere Fahrzeuge – insbesondere Wohnmobile und LKWs – werden aber deutlich gründlicher untersucht, sogar die Wagenunterseite wird mit Hilfe von Spiegeln überprüft.
Doch bei uns geht es schnell und wir werden an den nächsten Checkpoint weitergeschickt – nur um dort zu erfahren, dass das Check-in bei Moby erst in einer Stunde möglich ist. Nun gut, macht nix, Hauptsache, wir sind hier. Wir stellen die Motorräder ab und gehen auf Erkundungstour. Genua selbst reizt uns nicht besonders. Es soll hier zwar eine recht schöne Altstadt geben, doch das, was wir hier vom Hafen aus sehen können, finden wir jetzt nicht so attraktiv. Außerdem ist es viel zu heiß, um sich mehr als nötig zu bewegen – und wir haben Hunger und Lust auf ein Eis. Beides mitsamt klimatisierten Räumen finden wir bei einer McDonalds-Filiale im Aufenthaltsgebäude (beim Betreten und Verlassen dieses Gebäudekomplexes muss man jeweils das Fährenticket samt Ausweis vorzeigen), ein recht sauberes Klo gibt es auch – was will man mehr!
Wir essen, ruhen uns ein bisschen aus und erfahren von anderen Motorradfahrern schon einmal ein paar Details über den Ablauf. Anscheinend dürfen die Motorräder auch hier wieder als erstes auf die Fähre fahren – na, das kennen wir ja inzwischen.
Auf der Fähre
Als wir eine Stunde später wieder zu unseren Motorrädern gehen, kommt uns die Frau vom Check-in (die, die uns vorher gesagt hat, dass Moby noch geschlossen hat) bereits entgegen und erledigt unbürokratisch die Formalitäten. Wir bekommen weitere Aufkleber (diesmal mit dem Aufdruck „BASTIA“) auf das Windschild gepappt, dann erklärt sie uns den Weg zur Fähre. Eigentlich ganz einfach, im Grunde folgt man nur einer der Nummern, die riesengroß überall stehen.
An der Fähre angekommen gibt es noch eine letzte Kontrolle (jetzt erhalten wir die eigentlichen Tickets für uns und unsere Maschinen), dann heißt es wieder warten. Zuerst recht allein, doch nach und nach wird es voll. Das Fährpersonal hält extra eine Spur frei, damit alle ankommenden Motorradfahrer sich ganz vorne sammeln können. Um 19:30 Uhr beginnt schließlich das Aufladen.
Wir Motorradfahrer werden in die Fähre gewunken und dort über eine enge und recht steile Rampe (keine Sorge, lässt sich problemlos hochfahren) in ein höheres Stockwerk geleitet, welches ausschließlich für Zweiräder reserviert ist. Dort müssen wir uns nacheinander ganz nahe an die Wand stellen, den ersten Gang einlegen, den Motor ausschalten und das Moped auf den Seitenständer stellen. Mehr ist nicht zu tun, das Fixieren des Motorrads (mit Seilen) übernimmt das Fährpersonal. Guter Service!
Wir schnappen unser Tagesgepäck und machen uns auf zum Infoschalter bzw. zur Rezeption der Fähre, um unsere Kabinenkarte in Empfang zu nehmen (die bekommt man nämlich erst dort). Die Kabine ist keine Überraschung und entspricht den üblichen Standards, also schnell geduscht und ab, die Fähre anschauen. Wir finden ein paar Restaurants (mit überraschend normalen Preisen, nicht so ein Wucher wie auf der Strecke Ijmuiden-Newcastle), ein paar Bars und Aufenthaltsräume.
Eine Kleinigkeit essen wir noch, dann verziehen wir uns in unsere Betten. Die Fähre soll morgen schon um 7 Uhr in Bastia anlegen – und auf der Moby-Homepage steht, dass man eine Stunde vorher die Kabinen verlassen muss. Also stellen wir den Wecker auf fünf Uhr und versuchen einzuschlafen. Das klappt allerdings nicht, weil uns eine penetrant laute Durchsage alle 15 Minuten davon in Kenntnis setzt, dass die Restaurants des Schiffes nun geöffnet haben – und zwar in vier Sprachen. Wir haben schon gegessen, verflixt nochmal!! Leider lässt sich das nicht ausschalten, hört dann aber gegen 23 Uhr endlich von selbst auf. Grmpf. Das wird eine verdammt kurze Nacht …
Routenüberblick
Datum: 26. Juni 2017
Schwierigkeitsgrad: einfach
Länge: 240 km, ca. 3,5 h Fahrzeit
Eindrücke: Die Strecke am See entlang ist sehr schön, die Durchquerung der Po-Ebene ist, wie üblich, langweilig, dank Autobahn aber schnell erledigt