Ein frühmorgentlicher Blick auf die Wettervorhersage zeigt für den ersten Teil des Tages Regen an, am Nachmittag soll es aufklaren. Da es noch vor einer Woche so ausgesehen hat, als würden alle unsere geplanten Urlaubstage durchgehend verregnet sein, sind wir nicht allzu unglücklich. Nur die Idee, über das Hahntennjoch zu fahren, hat sich hiermit erledigt. Das haben wir vor einigen Jahren nämlich schon bei Niesel und tiefhängenden Wolken kennengelernt, eine erneute feuchtgraue Erfahrung muss nicht sein.
Dann wird es also der Fernpass, den kann man bei jedem Wetter bequem fahren. Da der von uns angepeilte Campingplatz allerdings Mittagspause bis 14 Uhr macht, wollen wir auch nicht allzu früh ankommen und beschließen, weitestgehend auf die Autobahn zu verzichten.
Pommes zum Frühstück
Noch ist es zwar bewölkt, aber trocken. Gutgelaunt starten wir gegen 10 Uhr die Maschinen. Theoretisch könnten wir sofort auf die Landstraße, aber wie üblich wollen wir nach den ersten Kilometern erst einmal frühstücken und abseits der Autobahn kennen wir keine geeigneten Möglichkeiten. Also rauf auf die Garmischer, bis zur Raststätte Höhenrain.
Während der nächsten halben Stunde fängt mein Magen immer mehr an zu knurren, voller Vorfreude auf ein Rührei mit frischen Brötchen. Hungrig stelle ich die BMW ab und eile Marvin voraus in das Raststättenlokal. Auf der eher dürftigen Speisekarte finde ich jedoch nichts Rühreiartiges. Auch kein Spiegelei. Das verwirrt mich. War das Angebot früher nicht anders? Marvin wählt ein mit Käse und Tomaten belegtes Baguette, aber ich mag diese vorbelegten Brote nicht so sehr. Leicht verstimmt entscheide ich mich daher für Pommes mit Coleslaw und diversen Saucen. Die schmecken tatsächlich ganz gut, wenn auch überhaupt nicht nach Frühstück.
Günni kommt in die Jahre
Während wir essen, checken wir auf den Handys die weitere Route. Ich bin neugierig, warum Google uns partout nicht am Ufer des Starnberger Sees entlangführen will, und entdecke beim Reinzoomen eine Straßensperrung. Günni, unser Uralt-Navi, hat davon natürlich nichts gewusst und hätte uns zielsicher in die Sackgasse geführt. Nicht zum ersten Mal übrigens. Es wird wirklich langsam Zeit für ein etwas moderneres System, auch wenn wir seine verschrobene Streckenführung irgendwie auch ganz lustig finden. Zumindest hinterher – nachdem wir es geschafft haben, uns wieder aus einem unbefahrbaren Hinterhof herauszukämpfen, den er stur für die beste Route erklärt hat. Das gibt immer so interessante Geschichten.
Wir korrigieren Günnis Routenvorschlag manuell und düsen los. Der Himmel ist bedeckt und wir rechnen jeden Augenblick mit dem vorhergesagten Regen, aber das Glück bleibt uns hold und wir trocken. Während wir gemütlich über Oberammergau und Ettal, vorbei an dem fast schon obszön opulenten Kloster, nach Garmisch und zum Fernpass cruisen, merken wir an der Nässe der Straßen, dass es hier wohl kurz vor unserer Ankunft geregnet hat. Uns treffen aber lediglich ein paar von den Reifen aufgewirbelte Tropfen von unten. Ich bin sehr dankbar darüber, denn ich merke, dass ich mich ziemlich unsicher fühle auf meinem Motorrad. Das schwere Gepäck macht sich in den Kurven deutlicher bemerkbar, als ich es in Erinnerung habe. Werde ich etwa zu alt fürs Motorradfahren? Sollte ich, wie unser Günni, ebenfalls gegen ein moderneres System ausgetauscht werden?
Schräglage im Stehen
Auch beim Parken bekomme ich Probleme. Auf dem Seitenständer stand meine BMW schon von Anfang an ungewöhnlich schräg (ich habe ja den direkten Vergleich zu Marvins 800er). Das hat sich im Laufe der Jahre jedoch noch verschlimmert. Nach unserer Frühstückspause bekomme ich mein Moped mit Ach und Krach aufgerichtet, was mich zusätzlich nervös macht. Während der restlichen Strecke achte ich peinlich genau darauf, das Motorrad im richtigen Winkel zur Neigung des Bodens abzustellen.
Kurz nach 14 Uhr erreichen wir wie geplant den Campingpark Fink in Imst. Unter „Campingpark“ hatten wir uns zwar etwas Größeres vorgestellt, aber der Platz ist gepflegt und liebevoll ausgestattet, die Sanitären sauber und sehr modern. Wir sind angesichts der unerwartet kleinen Fläche jedoch ganz kurz in Sorge, weil wir von Freunden gehört haben, dass Campingplätze im Sommer nach wie vor meist ausgelastet sind und man unbedingt vorbuchen sollte. Das ist aber, wenn überhaupt, meist nur bei einem Mindestaufenthalt von zwei oder mehr Nächten möglich, daher haben wir darauf gebaut, dass es nun, in der beginnenden Zwischensaison, nicht mehr ganz so eng ist. Und tatsächlich, die Zeltwiese ist noch komplett frei und wir dürfen uns einen Platz aussuchen. Im Laufe des Nachmittags kommen nur zwei weitere Zelte hinzu, lediglich die Stellplätze für Wohnmobile bzw. Wohnwagen sind bis zum Abend voll belegt. Schön, wenn die eigenen Planungshoffnungen in Erfüllung gehen.
Kekse, Kabel, Klopapier
Nach einem Jahr Pause gestaltet sich das erste Aufbauen unseres Zeltes – wie üblich – etwas umständlicher. Erstaunlich, was man so alles vergessen kann. Doch wir kriegen es – wie ebenfalls üblich – hin und merken anschließend auch gleich, was wir alles nicht eingepackt haben. Das sind (mal wieder) ausreichend USB-Ladekabel, um gleichzeitig die Helm-Interkoms und unsere Handys zu laden. Genau zwei Kabel krame ich aus meiner Tasche, nur eines davon passend für die Interkoms. Da morgen Sonntag ist, müssen wir aber eh zum nahegelegenen Supermarkt, um Knabbereien für den Abend und Frühstücksutensilien einzukaufen. Dabei packen wir auch gleich zwei weitere USB-Kabel ein. Unser häuslicher Gesamtvorrat an Kabeln hat sich durch solche Urlaubsnotkäufe in den letzten Jahren schon vervielfacht. Ich sollte den Punkt „ausreichend USB-Kabel“ in unserer Packliste mal etwas deutlicher hervorheben.
Wieder zurück am Zelt fällt mir bei einem ausgiebigen Test der Sanitären ein, dass die Campingplätze in Italien häufig kein Klopapier anbieten. Und da dort morgen eventuell auch die Einkaufsmöglichkeiten eingeschränkt sind, gehen wir ein zweites Mal los und erstehen zwei Rollen. Zur Sicherheit.
Die erste Pizza des Urlaubs
Am späten Nachmittag schließlich laufen wir den Weg zum dritten Mal. Aber nicht, weil uns noch etwas fehlt, sondern weil neben dem Supermarkt eine Pizzeria ist, in der Marvin seine heißersehnte erste Pizza dieses Urlaubs bestellt. Erstaunlicherweise schmeckt sie ihm – verglichen mit allen noch folgenden Pizzen – am besten. Was aber vielleicht auch mit der längeren Pizza-Abstinenz zusammenhängt, die er sich vorher auferlegt hat. Meine Spaghetti Aglio e Olio sind eher durchschnittlich, aber trotzdem lecker. Auf alle Fälle um Welten besser als jenes Nudelverbrechen, dass wir vor zwei Monaten unter demselben Namen an der Nordsee serviert bekommen haben. Auf einen Nachtisch verzichten wir. Schließlich warten gleich zwei Tüten Dragee Keksis auf uns im Zelt 🙂
Überblick
Datum: Samstag, 30. August 2025
Schwierigkeitsgrad: leicht – zu jeder Zeit gut ausgebaute Straßen
Länge: 160 km, ca. 3,5 h, sehr gemächlich gefahren
Eindrücke: sind halt die Alpen – die sind immer schön 🙂