Haithabu – Wikingersiedlung an der Schlei

Erst bei der Recherche zu dieser Reise habe ich bemerkt, dass es in Deutschland eine waschechte Wikingersiedlung gibt: Haithabu bei Schleswig. Und weil sie noch dazu sehr günstig auf unserem Weg zur Nordsee liegt, legen wir hier natürlich einen Zwischenstopp ein.

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Die Wikinger-Siedlung Haithabu wurde um 770 gegründet und 1066 schon wieder zerstört. Es gäbe dort also nicht allzu viel zu sehen, wenn nicht an gleicher Stelle ein Wikinger-Museum errichtet worden wäre, bestehend aus einem Museumsgebäude mit archäologischer Sammlung sowie einem Freilichtmuseum, für das sieben Gebäude originalgetreu rekonstruiert worden sind.

Einen Campingplatz gleichen Namens, von dem aus man das Museumsgelände bequem zu Fuß erreichen kann, gibt es auch, allerdings sind die Bewertungen gemischt. Anscheinend ist der Besitzer sehr grummelig. Nun, damit haben können wir leben, neigen wir doch selbst zu Grummeligkeit, also planen wir dort trotzdem die Übernachtung ein. Ein direkt danebenliegendes, sehr interessant klingendes „Wikinger-Restaurant“ spielt bei dieser Entscheidung auch eine nicht geringe Rolle.

Cruisen durch Schleswig-Holstein…

Die heute zu fahrende Strecke ist nur kurz (knapp 120 km) und das Wetter perfekt (sonnig und trocken, aber nicht zu heiß), so dass es eine entspannte Fahrt zu werden verspricht. Wir haben keine besondere Eile und frühstücken erst einmal ausgiebig vor dem Zelt. Die Brötchen hierfür haben wir am Vortag beim Einchecken bestellt, etwas Butter, Käse und süßen Aufstrich können wir in dem kleinen Campingplatz-Laden zusätzlich kaufen.

Gleich danach geht es auf die Piste und unspektakuläre, aber angenehme 120 Minuten Fahrt später erreichen wir noch vor 12 Uhr den Campingplatz Haithabu. Dieser entpuppt sich als erfreulich schön. Eine gepflegte, sehr hübsche Anlage direkt an der Schlei, mit Blick auf das malerisch am anderen Ufer gelegene Schleswig. Von der angeblichen Unfreundlichkeit des Besitzers bekommen wir nichts mit, im Gegenteil, wir werden herzlich (von seiner Frau) empfangen und dürfen uns einen Platz nach eigenem Gusto aussuchen. Also machen wir das auch, schlagen das Zelt auf, markieren unsere Revieraußengrenzen mit unseren Motorrädern und waschen uns anschließend in den topmodernen und blitzsauberen Duschen den Straßenstaub vom Leib.

… zum äußersten Ende des Weltmeeres

Eine ausgedehntere Ruhepause ist nicht nötig, also brechen wir auch gleich auf zum Wikingermuseum – sind wir doch gespannt, was uns dort erwartet.

Ein gut beschilderter Fußweg führt uns über Felder und Wiesen, durch kleine Wäldchen und vorbei an am Wegesrand aufgestellten Tafeln, die nette Zusatzinformationen über die Vergangenheit des jeweiligen Ortes liefern. Es macht Spaß, hier zu wandern, und es ist auch nicht besonders überlaufen. Nur eine Handvoll weiterer Besucher begegnet uns. Nach ca. 20 Minuten gemütlichen Laufens erreichen wir das Museum. Der Eintritt kostet pro Person 8,00 Euro, die Karten gelten nicht nur für das Museumsgebäude, sondern auch für noch etwas weiter hinten liegende Freilichtmuseum.

Da unsere Mägen inzwischen wieder etwas knurren, ignorieren wir zunächst den Eingang zur Austellung und marschieren schnurstracks in das danebenliegende Cafe. Die dort angebotenen Kuchen sind alle ganz offensichtlich selbstgebacken – und sowohl der Käsekuchen als auch die Schokoladentorte gehören mit zum Besten, was wir in dieser Art jemals gegessen haben. Nach den gestrigen Kleinst-Portiönchen Lübecker Nusstorte erfreuen uns die hier eher großzügig bemessenen Stücke zusätzlich – genauso wie die überströmende Herzlichkeit der beiden Cafe-Betreiberinnen (eine davon ist gleichzeitig die Bäckerin der servierten Kuchenleckerbissen). Wenn es euch also mal nach Haithabu verschlägt, so können wir das Museumscafe uneingeschränkt empfehlen!

Auch das Museum selbst ist einen Besuch wert. Es bietet viele wirklich interessante Schaustücke, die mithilfe von verschiedensten Multimedia-Techniken spannend und gleichzeitig lehrreich in Szene gesetzt werden. Kein Vergleich mit den verstaubten „Vitrinen-mit-langweiligen-Dingen-drin„-Museen meiner Kindheit. Hier macht es richtig Spaß, sich alles anzusehen, die kleinen Filmchen, Tonaufnahmen oder Mini-Lichtershows zu genießen und dabei quasi nebenbei einiges über die Wikinger-Vergangenheit dieses Landstrichs zu lernen.

Nach etwa einer (unterhaltsamen) Stunde sind wir auch schon wieder durch und blinzeln in die grelle Nachmittagssonne. Im Souvenirshop in der Eingangshalle kaufen wir noch nichts, haben wir doch gelesen, dass es im Freilichtmuseum einige originalgetreue Handwerksstände geben soll. Vielleicht finden wir ja dort ein paar spannende Mitbringsel.

Das Freilichtmuseum

Nun, die gibt es tatsächlich, wie wir knapp zehn Minuten später feststellen. Allerdings sind die Sachen für unseren Geschmack zu teuer. Es mag bestimmt viel Arbeit in so einem handgeschnitzen Löffel stecken – aber über 20 Euro mag ich dafür nun doch nicht ausgeben. Zumal ich zwei davon bräuchte, weil mir als einzige Nutzungsmöglichkeit hierfür ein Salatbesteck einfällt. Auch die angebotene, handgesponnene und -gefärbte Schafwolle ist zwar wunderschön – aber um hieraus einen Pulli stricken zu können, müssten weit über 100 Euro investiert werden. Auch das ist mir zu viel, auch wenn die Wolle es wert sein mag.

Wir spazieren also ohne Zusatzkäufe durch die ansonsten sehr sehenswürdige Anlage. Das Personal und sogar einige der Besucher sind stilecht in historische Kleidung gehüllt, überall sitzen handwerkelnde Komparsen herum. An einem der Stände kann man das Bogenschießen erklärt bekommen und üben, wir wissen allerdings nicht, ob man dafür einen Extra-Obolus entrichten muss. Es macht Spaß, hier zu sein und das alles zu betrachten, auch wenn die sieben Häuser recht schnell besichtigt sind. Trotzdem empfinden wir den Besuch als sehr lohnenswert.

Zu Gast bei Odin

Auf dem Rückweg machen wir dann doch noch einen Abstecher in den Souvenirshop des Museumsgebäudes und erstehen ein paar nette Kleinigkeiten (so z.B. ein Bernsteinketten-Bastelset, ein Nähbuch für mittelalterliche Kleidung sowie leckere „Wikingerbonbons“). So gegen 17 Uhr sind wir schließlich wieder zurück am Campingplatz. Wir hatten ursprünglich überlegt, uns noch Schloss Gottorf anzusehen, aber heute kriegen wir das nicht mehr hin. Und allein wegen der Moorleichensammlung (der Rest des Schlosses interessiert uns nicht so sehr) noch einen weiteren Tag zu bleiben, erscheint uns nicht sinnvoll.

Also geht es morgen weiter an die Nordsee. Für heute steht allerdings noch der Besuch in dem riesigen Restaurant neben dem Campingplatz auf dem Plan. Es heißt Odins Haddeby und hat sehr gute Bewertungen im Netz bekommen. Nun, das heißt ja nicht unbedingt etwas, wir bleiben also erst einmal skeptisch. Doch bereits das Innere des Gasthauses begeistert uns, es ist wunderschön eingerichtet… und überraschend voll. Mit Müh und Not ergattern wir noch einen Platz im Freien (drinnen wären zwar noch ein, zwei weitere Tische frei gewesen, aber dort ist es uns bei der noch herrschenden Hitze zu stickig).

Kurz nachdem wir uns hingesetzt haben, fragt ein Pärchen, ob es sich zu uns setzen kann. Wir erkennen in ihnen die beiden Besucher, die uns erst kurz zuvor im Freilichtmuseum aufgefallen sind – wegen ihrer historischen Kleidung und dem beeindruckenden Schwert auf dem Rücken des Mannes. Nun, das Schwert hat er hier im Gasthaus nicht mehr dabei, aber die Kleidung haben sie nicht gewechselt. Wir kommen also schnell ins Gespräch und verbringen den Abend so angenehm und unterhaltsam beim Fachsimpeln über (Wikinger-)Cosplay und Motorrad-Treffen (die zwei haben von Hamburg aus einen Tagesausflug hierher unternommen, und dort fand vor Kurzem erst eine Harley-Zusammenkunft statt).

Und das Essen ist wirklich prima! Mein Matjes ist unglaublich mürbe und lecker – und Marvins „Wikingerpizza“ schmeckt ebenfalls richtig gut (auch wenn wir bezweifeln, dass die Wikinger damals schon so etwas zubereitet haben).

Routenüberblick

Datum: 29. Juni 2019
Schwierigkeitsgrad: leicht – wenig befahrene, gut ausgebaute Straßen
Länge: 120 km, ca. 2 Stunden
Eindrücke: kurzweilig – die Landschaft ist hübsch