Wunderbar ausgeruht wachen wir auf unseren Futons auf. Dank der Größe des Zimmers, dem Abstand zwischen den Futons und dem kaum noch sichtbaren Strich auf Marvins Testergebnis haben wir uns getraut, ohne Masken zu schlafen. Was sicherlich zur Erholung beigetragen hat. Heute müssen wir diesen schönen Ort schon wieder verlassen – aber zwei Nächte in diesem Hotel hätten unser Reisebudget schon arg belastet. Auch wenn der Aufenthalt jeden Yen wert ist! (Für Neugierige: Die Übernachtung inklusive des Essens hat uns zusammen 240 Euro gekostet – für das schöne Zimmer, die gebotenen Annehmlichkeiten und die Qualität des Essens mehr als angemessen).
Frühstück jenseits von Semmeln und Marmelade
Nach dem Aufstehen und Zähneputzen schlüpfen wir erst einmal erneut in unsere Yukatas. Es erwartet uns nämlich noch ein zweites, fulminantes Essen: Ein Frühstück im japanischen Stil. Im Speisesaal staune ich über die angebotene Vielfalt, bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob ich in aller Herrgottsfrüh schon Reis, Gemüse und Tofu herunterbringe. Doch der Appetit kommt (wie so oft) mit dem Essen und schon bald sind die Teller leer. Dank der Leichtigkeit der Zutaten bin ich danach zwar satt, aber nicht überfüllt. Lecker!
Bei der Abreise lassen wir uns Zeit. Wir haben es nicht eilig. Das Hotelzimmer in Osaka haben wir für drei Nächte gebucht, heute müssen wir nur ankommen, mehr ist nicht geplant.
Entspanntes Reisen
Die Busfahrt zurück nach Odawara verläuft noch entspannter als die Hinfahrt, denn diesmal ist der Bus relativ leer und wir wissen, wo wir aussteigen müssen (nämlich an der Endhaltestelle). In Odawara entdeckt Marvin im Bahnhof eine Bäckerei. Voller Hoffnung läuft er zur Auslage – doch auch dort gibt es nur das weiche Wabbelzeug, das außerhalb von Deutschland eine der Hauptformen von Brot zu sein scheint. Schade. Wir probieren uns ja wirklich gerne durch fremde Küchen und exotische Zubereitungsarten, aber das feste, würzige heimatliche Brot vermissen wir fast immer auf unseren Reisen… seufz.
Nun gut, wir decken uns trotzdem mit Proviant ein, denn inwischen ist es Mittag und eine dreistündige Zugfahrt liegt vor uns. In Japan ist das Essen in der Öffentlichkeit (außerhalb dafür vorgesehener Bereiche) zwar verpönt, im Shinkansen jedoch wird es nicht nur geduldet, sondern ist sogar völlig normal. Heute können wir das bei der Abfahrt des Zuges direkt beobachten: Kaum haben wir die (diesmal ohne Schwierigkeiten) vorreservierten Plätze eingenommen, hört man rundherum von den anderen Sitzen ein Rascheln. Nahezu alle unsere Mitreisenden packen ihr Essen aus. In vielen japanischen Bahnhöfen gibt es eine große Auswahl an Bentoboxen zum Mitnehmen extra für diesen Zweck. Leider haben wir keine einzige Variante ohne Fleisch oder Fisch gefunden, daher begnügen wir uns auf unserer Reise mit selbst zusammengestellten Menüs. Auch kein Problem und ebenso lecker. Ungefähr eine halbe Stunde nach der Abfahrt geht eine Zugbedienstete, ausgerüstet mit einem großen Müllsack, durch die Reihen und sammelt die leeren Packungen ein. Sogar das ist durchorganisiert. Wir staunen!
Der Rest der Fahrt verläuft unspektakulär und sehr entspannt. Marvin schläft eine Runde, ich lese und gucke hin und wieder auf die vorbeirauschende Landschaft. Die Ruhe im Zug wird lediglich durch die Durchsagen zu den wenigen Haltestellen durchbrochen. Angenehmer geht es kaum.
Auch dieses Hotel ist eine sehr gute Wahl
In Osaka halten die Shinkansen nicht am Hauptbahnhof, sondern an einem separaten Bahnhof namens Shin-Osaka („Shin“ bedeutet „neu“ und findet sich auch im Wort „Shinkansen“ wieder; das lässt sich gut merken). Von dort aus müssen wir noch ein paar Stationen mit der U-Bahn weiterfahren zu unserem Hotel im Zentrum. Die U-Bahnen funktionieren hier genauso wie in Tokyo, wir finden uns also sofort zurecht. Reisen in Japan gestaltet sich bisher als wunderbar einfach. Alles ist ausreichend beschildert, die passenden Verbindungen pünktlich und leicht zu finden. Unsere Sorgen, hiervon eventuell überfordert zu sein, sind inzwischen völlig verschwunden.
Wir haben uns im Ortsteil Namba eingemietet, unmittelbar neben dem Vergnügungsviertel Dotonbori. Auf dem Fußmarsch von Namba-Station dorthin haben wir ganz kurz Bedenken, ob unsere Unterkunft nicht vielleicht in einer allzu lebhaften Umgebung stehen könnte, doch als wir ankommen, sind wir beruhigt. Das Hotel liegt in einer stillen Seitengasse, ist bestens ausgestattet, das Personal jung, chillig und sehr freundlich. Eine perfekte Wahl!
Wir beziehen unser Zimmer, duschen und brechen unmittelbar danach wieder auf. Da die Anreise so stressfrei abgelaufen ist, sind wir nicht müde, sondern voller Unternehmungslust und wollen gleich mal dieses berühmte Dotonbori erkunden.
Dotonbori – Blade Runner-Feeling live
Wir müssen nicht weit gehen, nur wenige Minuten vom Hotel entfernt tauchen wir ein in eine lebhafte Menge von Menschen, die dieses neon-bunte Viertel durchstreifen. Die Dichte an Essensbuden und Restaurants ist enorm. Viele überbieten sich gegenseitig mit kreativer Fassadengestaltung. Wir schlagen gleich mal zu und gönnen uns Reismehl-Kügelchen in süßer Sojasauce, einmal als kalte und einmal als warme Variante. Schmecken beide 🙂
An der Brücke mit der berühmten Glico-Werbetafel ist der Trubel am größten. Jeder will sich in der Pose der abgebildeten Werbefigur fotografieren lassen (wir sind uns dafür natürlich auch nicht zu schade). Jedes Fitzelchen Fassade ist vollgepflastert mit beleuchteten Werbungen und Videoleinwänden. Boote mit weiteren Videotafeln schippern auf dem Kanal auf und ab, hinzu kommt eine wilde Mischung aus Stimmen, Musik und Lautsprecheransagen. Ich fühle mich unwillkürlich an Blade Runner erinnert. Toll! Aber wohnen möchte ich hier nicht.
Gyozaoh(ne Fleisch)!
Wir genießen diese quirlig-laute Lebendigkeit und schlendern gemütlich durch die Massen. Doch nach einer Weile kommt der Hunger durch und wir biegen ab nach Westen. Dort soll es (laut der App HappyCow) ein Gyoza-Restaurant namens Gyozaoh! geben, das auch vegane Varianten anbietet. Und tatsächlich, wir finden das Lokal recht schnell und wir bekommen sogar gleich einen Platz. Die Bedienung spricht sehr gut Englisch, was die Sache enorm erleichtert. Das Essen schmeckt fantatisch und wir fühlen uns sofort wohl. Vor unserer Reise war das ein weiterer Grund für leichte Bauchschmerzen: Wie würden wir in diesen Essenslokalen, in denen man an der Theke nebeneinander sitzt, zurechtkommen? Prima, wie wir gerade merken.
Erleichtert, weil wir auch diese vermeindliche Schwierigkeit überwunden haben, schlendern wir eine Stunde später satt und entspannt zurück zum Hotel, wo wir den Abend gemütlich ausklingen lassen.
Morgen wartet eine andere Attraktivität auf uns, von der wir schon viel gehört und gesehen haben: Die zahmen Rehe von Nara!
Überblick
Datum: Freitag, 29. September 2023
Unterkunft: Kamon Hotel Namba