Von Dresden nach Berlin – Viel Sonne und wenig Abwechslung

Weiter geht es nach Berlin, wo wir zwei Nächte eingeplant haben. Somit gilt es heute nur anzukommen. Und Marvins Geburtstag gebührend zu feiern - dafür haben wir uns schon vorab ein besonderes Restaurant ausgesucht.

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Schon seit einigen Jahren feiert Marvin seinen Geburtstag fern der Heimat – was schlicht daran liegt, dass der 23. Juni nun mal genau zwischen den Pfingst- und Sommerferien liegt und somit in unsere bevorzugte Reisezeit fällt. Im Grunde macht es ihm auch nicht wirklich etwas aus, sind wir doch beide keine Partybären und gehen auf diese Weise dem Trubel elegant aus dem Weg. Meist suchen wir uns für diesen besonderen Tag ein extra schönes Restaurant aus, so auch dieses Jahr – doch dazu später mehr.

Die Hitzewelle, die uns gestern überrollt hat, schmurgelt heute schon frühmorgens kräftig weiter und treibt uns zeitig aus den Schlafsäcken. Die Sonne scheint sehr grell und es braucht keine besondere Überzeugungskraft, um Marvin zum Tragen einer Sonnenbrille zu bewegen. Die heutige Route überlassen wir komplett unserem Navi. Bei der Tourenrecherche vorab habe ich keine besonders schönen Straßen finden können, somit ist es uns relativ egal, wie wir geführt werden, solange keine Autobahnen dabei sind.

Batterieprobleme

Bis wir gefrühstückt und gepackt haben, sind wir schon wieder schweißgebadet und sehnen uns nach etwas Fahrtwind. Doch dann wird es spannend. Die Batterie von Marvins BMW schwächelt schon seit Beginn unserer Reise und heute morgen schafft sie es nur noch mit Ach und Krach, das Motorrad zu starten. Ganz offensichtlich ist sie hinüber. Wir kabbeln uns kurz ein wenig deswegen – ICH hätte mir natürlich in so einem Fall noch vor der Abfahrt eine neue Batterie besorgt, wohingegen Marvin sagt, er sei davon ausgegangen, dass die Batterie nur nicht voll geladen gewesen sei und sich auf der Fahrt schon wieder erholen würde – aber solche Vorwürfe bringen uns jetzt auch nicht weiter. Wir beschließen daher, uns in Berlin nach einer neuen Batterie umzusehen, und hoffen, dass wir heute nicht irgendwo liegenbleiben.

Heimat der Tristesse

Die Fahrt von Dresden nach Berlin erweist sich als gleichermaßen anspruchs- wie trostlos. Deprimierend oft passieren wir kleine Ansiedlungen, die einen so ausgeprägten Trübsinn ausstrahlen, dass er uns bereits in den kurzen Momenten des Durchfahrens auf die Laune schlägt.

Ärmliche Häuser, gefühlt jedes dritte komplett leerstehend und dem Verfall preisgegeben, vereinzelt schmuddelig gekleidete, uns mit misstrauisch-mürrischem  Gesichtsausdruck hinterherblickende Menschen, freudlos und ausgestorben wirkende Dorfstraßen, die wie mit dem Lineal konstruiert und nicht natürlich gewachsen wirken. Obwohl heute Sonntag ist, ist an diesen Orten kein Fitzelchen Lebenslust zu entdecken. Wenn das hier die Gegenden sind, aus denen der „deutsche Wutbürger“ stammt, so kann ich die Verbitterung sogar ein klein wenig nachvollziehen. Auch wenn deren „alternative Lösungen“ natürlich vollkommen inakzeptabel sind, so sollte hier doch dringend Hilfe geleistet werden. Ich jedenfalls möchte in so einem Kaff nicht mal begraben sein, sorry.

Meine Beschreibung von dieser Gegend ist wahrscheinlich recht einseitig, denn zwischen diesen tristen Orten finden sich auch sehr häufig ausgesprochen hübsche Ecken, denen man die Bemühungen und Liebe der Bewohner zu ihrer Heimat deutlich ansieht. Aber es ist wie mit den Ampellichtern: Die wenigen roten, die einen zum Halten zwingen, bleiben sehr viel nachhaltiger im Gedächtnis als die vielen grünen, an denen man einfach achtlos vorbeigefahren ist. Deshalb ist unser heutiger Gesamteindruck ziemlich trübe und wir haben wenig Lust auf Pausen. Einmal bleiben wir stehen, weil das Rückenschild meiner Motorradjacke mir Probleme bereitet (es drückt, sobald ich nicht mehr als ein T-Shirt darunter trage, was hauptsächlich am Gewicht meines Rucksacks liegt, der es zusätzlich gegen meine knochigen Schultern quetscht – hier muss ich mir unbedingt ein besseres System überlegen), ein weiteres Mal gönnen wir uns etwas Erfrischendes zu Trinken und einen kleinen Snack während unserer Tankpause, ansonsten fahren wir durch. Auch weil das Starten von Marvins BMW zusehens kläglicher und zweifelhafter klingt, sind wir erleichtert, als wir endlich die Gegend um Berlin erreichen.

Kulinarischer Ausklang an der Havel

Der von uns ausgesuchte Campingplatz liegt im Stadtteil Gatow, am westlichen Rand der Stadt. Die Sanitäranlagen sind einfach, aber ausreichend und sauber, eine sonstige Infrastruktur jedoch quasi nicht vorhanden (es gibt nicht einmal einen Minimarkt am Platz, lediglich eine Art Imbiss-Grill-Bude, bei der man aber immerhin Brötchen für das Frühstück bestellen kann). Weil wir für morgen aber sowieso eine Stadtbesichtigung und für heute abend Marvins Geburtstagsessen geplant haben, macht uns das nichts aus. Wir finden einen hübschen Platz für unser Zelt, machen uns breit, duschen und ruhen uns ein bisschen aus, ehe wir uns wieder auf den Weg zu eben diesem Essen machen.

Wir haben uns dafür das in Fußgänger-Reichweite liegende Restaurant „Salt’n‘ Sugar“ ausgesucht, also packen wir unsere Rucksäcke und marschieren los. Das Lokal hat erst wenige Monate zuvor eröffnet und wird bereits jetzt als „Geheimtipp“ auf Google (ich weiß, ein Widerspruch in sich) gefeiert. Direkt am Ufer der Havel gelegen, ist es ein besonders schönes Ausflugsziel – und das ist auch vielen anderen bewusst, wie wir ca. 20  Minuten später feststellen. Etwas ängstlich blicken wir auf die zahlreichen besetzten Tische, ergattern aber glücklicherweise doch noch einen passablen Platz. Da es hier so gut wie keine anderen Einkaufsmöglichkeiten gibt (erst recht nicht sonntags), hätte der Abend auch recht hungrig enden können.

So aber ist alles gut! Das Essen ist superlecker, das Personal sehr nett (wenn auch tendenziell etwas überfordert angesichts der Gästefülle) und wir mampfen uns glücklich durch drei Gänge. In Augenblicken wie diesen (beeinflusst von den noch immer nachhallenden Eindrücken der trostlosen Dörfern, die wir heute durchfahren haben) wird mir besonders bewusst, wie gut wir es haben. Es schadet nicht, sich das immer wieder mal ins Gedächtnis zu rufen.

Routenüberblick

Datum: Sonntag, 23.06.2019
Schwierigkeitsgrad: einfach – viel zu einfach
Länge: 220 km, ca. 4 h Fahrzeit
Eindrücke: Flach, reizlos, langweilig, stellenweise deprimierend … nicht schön