Test: Zega Pro Koffersystem von Touratech

Mit dem Zega Pro-Koffersystem von Touratech schafft ihr euch reichlich Lagerraum für große Touren - und das in formschönem Design. Wir verraten, was die Koffer sonst noch können.

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Als ich mir damals meine F 800 GS als erstes „reisetaugliches“ Motorrad zugelegt habe, war eigentlich schon vor dem Kauf klar, dass ich nicht viel später auch ein ebenso reisetaugliches Koffersystem brauchen würde. Doch welches durfte es sein? Die Standard-BMW-Koffer öffnen sich ungeschickt seitlich, andere waren zu zu rund, und wieder andere schienen zwar hübsch, hatten aber eine gewöhnungsbedürftige Form. Tatsächlich kam die zündende Idee dann aus meiner Erinnerung: Zwei meiner Jugendhelden, Ewan McGregor und Charley Boorman, die ihrerzeit mit BMWs um die Welt fuhren, hatten sich auf Motorradkoffer verlassen, die trotz unzähliger Stürze von London bis New York (nach Osten!) intakt durchgehalten und dabei Ewan bei einem Auffahrunfall vor üblen Verletzungen bewahrt hatten: die Zega-Koffer von Touratech.

Eine kurze Recherche später war meine Entscheidung gefallen: Das damals aktuelle Zega Pro Koffersystem war die konsequente Weiterentwicklung der Zega-Koffer und trumpfte mit echtem Expeditionsdesign, stabiler Bauweise, unzähligen Erweiterungen und nicht zuletzt auch einem lustigen PR-Video auf, das mir (wenn nicht unbedingt die Stabilität der Koffer) den Hersteller als sympathisch und voller Vertrauen in sein Produkt vorstellte.

Das ganze ist nun über drei Jahre und zahlreiche Touren her – stets mit dem Zega Pro Koffersystem als treuen Begleiter. Bereut habe ich den Kauf dabei nie. Trotzdem sind mir in meiner Erfahrung ein paar Eigenheiten aufgefallen, die gerade für Neukäufer interessant und erwähnenswert sein dürften.

Zega Pro: Verarbeitung und Lackierung

Das Grundgerüst der Koffer ist aus einem sehr stabilen 1,5 mm starkem Aluminium gefertigt, das öfter geformt als geschweißt ist und so nicht nur für eine schicke Optik, sondern auch für eine hohe Stabilität und Dichtigkeit sorgt. Einzige Ausnahme ist hier die Bodenwanne der Koffer, die „lediglich“ mit der Innenseite des Koffers vernietet und mit einer zusätzlichen Silikonschicht abgedichtet zu sein scheint (wenn ich ehrlich bin, ist mir das aber das erste Mal erst beim genaueren Hinschauen für diesen Test aufgefallen, da die Verarbeitung sehr hochwertig ist). Typische Reibestellen wie die Ecken der Koffer und die Bodenkanten sind zusätzlich mit austauschbaren Kunststoffteilen versehen, die die schlimmsten Gebrauchssspuren abfangen.

Der Deckel lässt sich auf Wunsch dank zwei separater Gelenke nach vorne oder hinten halb öffnen oder gleich komplett abnehmen. Auch in Punkto Wasserdichtigkeit lassen die Zega Pro-Koffer (zumindest in meinem Fall) keine Wünsche offen: Die schließende Kante der Koffer ist extra verstärkt und sorgt dank einer großzügigen Dichtung für sorgenloses Fahren im Regen.

Vor dem Kauf kann man zusätzlich zwischen drei verschiedenen Varianten wählen: Standard Alu, eloxiertes Alu und schwarz-eloxiertes Alu – jeweils mit steigendem Preis. Ich selbst besitze die normal-eloxierte, matte Version und habe damit nie Schwierigkeiten mit Aluminiumabrieb gehabt, obwohl die Innenseite der Koffer im Laufe der Jahre ein paar Materialverfärbungen angesammelt hat (siehe Bild). Diese scheinen jedoch unbedenklich (wenn auch mysteriös) da sich selbst bei energischem Rubbeln mit dem Finger kein Abrieb gelöst hat.

Auf der Innenseite findet man derweil vor allem eines: viel klar strukturierten Platz, der nicht durch eigenwillige Kofferverformungen getrübt wird. Die Zega Pro-Koffer fassen 31, 38 oder ganze 45 Liter Füllvolumen in Form eines Quaders, um reichlich Gepäck sicher unterzubringen. In meiner Erfahrung war das in Kombination mit zwei Gepäckrollen immer mehr als genug, um neben Wechselwäsche, Proviant und Tourenequipment auch noch das ein oder andere Buch zum Schmökern mitnehmen zu können. Lediglich die recht großen Montierrädchen zum Befestigen der Koffer am Bike können einem durch ihre Tiefe dabei ein wenig in die Quere kommen. Auch wer seinen Helm unterbringen möchte, wird aufgrund der eher länglichen Form der Koffer wohl zur 45 Liter-Version greifen müssen.

Montage des Koffersystems

Neben den Zega Pro-Koffern selbst stellt Touratech zum Anbringen ans Motorrad auch noch ein Montage-Kit aus Edelstahl bereit, das man als Bastler selbst oder mit einem geübten Freund anbringen muss. Dabei wird im Falle meiner F 800 GS der hintere Gepäckträger gegen eine deutlich wuchtigere Version ausgetauscht, die künftig als Sockel für beide Koffer dient. Das Anbauen ist vergleichsweise unkompliziert: So setzt man den jeweiligen Koffer zunächst mit den unteren beiden Kunststoffhalten in den Rahmen ein, drückt danach die Oberseite passend heran, dreht zwei Metallbolzen zur Halterung in die entsprechende Richtung und dreht die ganze Sache mit zwei Zahnrädern auf der Innenseite fest. Fertig!

Letzteres kann hier aber Segen wie Fluch sein: Zum einen sind die Koffer so zwar automatisch diebstahlsicher, da man sie zum Abnehmen öffnen muss, zum anderen kommt einem genau diese Umstand unnötig in die Quere, wenn man die Koffer (im Regen) einfach schnell abbauen und von A nach B tragen möchte. Das hat wohl auch Touratech erkannt und mit dem Zega Pro 2 einen alternativen Befestigungsmechanismus eingeführt.

Das Symbol zur Infobox

Klemmender Bolzen beim An- und Abdrücken

Wenn sich die drehbaren Befestigungsbolzen der Zega Pro-Koffer nicht mehr richtig nach vorne bzw. hinten bewegen lassen und kaum noch vom Motorrad zu trennen sind, nicht verzagen!

Nachdem ich über Monate hinweg mit den schwergängigen Schrauben gerungen habe, half letztendlich folgendes: Schrauben entfernen, Haltung und Schraube von möglichem Metallabrieb reinigen und großzügig einölen. Eine einmalige Behandlung vor 1-2 Jahren hat das Problem bis heute spurlos beseitigt und das Abmontieren stark erleichtert.

Sitzt das Zega Pro-Koffersystem erst einmal am Motorrad, bleibt das bis zur nächsten Abmontage auch so. Fast könnte man meinen, es gehöre ab Werk zum Rahmen. Die präzise geformten Streben sitzen sehr passgenau und lassen keinen Spielraum zum Wackeln. Auch bei schnellem Fahren auf der Autobahn regen sich die Koffer keinen spürbaren Millimeter, auch wenn die Form selbst wohl mehr Preise in Punkto Fliegenfalle als bei der Aerodynamik abräumen dürfte. Insgesamt ergibt sich so dennoch ein ruhiges und stabiles Fahrgefühl, bei dem man schon einmal vergessen kann, dass man die Koffer überhaupt angebaut hat.

Erweiterungen für die Zega Pro-Koffer

Wem die funktionale Grundausstattung der Koffer ab Werk noch zu mager ist, wird vermutlich spätestens im Touratech-Shop glücklich: Von praktischen Seitenhaltern für kleine Benzinkanister über aufschnallbare Rücksäcke bis hin zu verschiedenen Stickern findet sich hier alles, was das Expeditionsherz begehrt. Für noch mehr Stauraum stehen zusätzlich auch noch Tankrucksäcke und ein Zega Pro Topcase zur Verfügung, um die ohnehin schon guten Packmöglichkeiten weiter zu verbessern.

Auch diverse Koffergriffe und zwei Sätze Köfferschlösser, die die Standardversion schmerzlich vermissen lässt, stehen hier zur Auswahl. Ob man diese eigentlich wesentlichen Bestandteile jedoch aus dem Grundpreis hätte herausnehmen müssen, ist sicherlich ein wenig fraglich – gerade auch, da sich Touratech jede Erweiterung des Arsenals fürstlich vergüten lässt. Ein Schnäppchen sucht man beim deutschen Markenhersteller vergebens.

Fazit

Stylisch, stabil und verlässlich – wenn ich drei Worte finden müsste, um mein Zega Pro Koffersystem zu beschreiben, dann wohl diese. Klar, die Grundausstattung ist für den ordentlichen Preis vielleicht nicht optimal. Auch das Montagesystem könnte sicherlich bequemer sein. Wer sich aber mit den kleinen Ärgernissen zu arrangieren weiß, wird mit großen Vorzügen belohnt. Nicht ein einziges Mal in drei Jahren haben mich die Koffer enttäuscht. Immer wasserdicht, immer bombenfest am Bike, immer geräumig genug für alles, was man unterwegs braucht. Einzig und allein die Existenz eines Nachfolgers, des Zega Pro 2, ließe mich heutzutage wohl am Kauf hadern. Wer sich jedoch ca. 80 Euro pro Koffer sparen will, findet auch mit dem Zega Pro 1 nach wie vor einen treuen Begleiter für alle Winkel der Erde.