Eine letzte Unternehmung, Heimflug und Fazit

Heute Abend startet unsere Heimreise. Über Nacht geht es zuerst nach Helsinki, nach ein paar Stunden Aufenthalt weiter nach München. Um die Zeit bis dahin rumzukriegen, besichtigen wir vorher noch einen Riesenbuddha und einen schönen Tempelgarten.

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Es ist wie bei allen unseren bisherigen Reisen: Die Vorfreude auf Zuhause mischt sich mit Wehmut über den bevorstehenden Abschied. Doch noch ist es nicht soweit. Unser Flieger geht erst um 21:50 Uhr und es hat wenig Sinn, bereits mittags am Flughafen zu sein. Auch wenn wir gerne stundenlang rumsitzen. Eine letzte Attraktion wollen wir daher noch besuchen: den Daibutsu (= großer Buddha) von Kamakura.

Doch zunächst müssen wir unser Zimmer räumen und unser Gepäck irgendwo unterbringen. Bereits am Vortag hatten wir ausgekundschaftet, dass es am Hauptbahnhof von Kamakura gleich zwei Räume mit Schließfächern gibt. Und da wir bereits recht früh am Vormittag dort sind, bekommen wir auch problemlos zwei nebeneinanderliegende Fächer, die groß genug für unsere Kofferrucksäcke sind. Dass das auch anders hätte enden können, merken wir erst, als wir später unsere Rucksäcke wieder abholen: Inzwischen sind nämlich ausnahmslos alle übrigen Schließfächer belegt!

Zweitgrößter Buddha Japans

So aber können wir unbeschwert mit unseren üblichen kleinen Tagesrucksäcken die wenigen Kilometer bis zum Tempel Kotoku-in marschieren, auf dessen Gelände sich die riesige Buddhastatue aus Bronze befindet. Natürlich haben wir vorab zig Fotos des Buddhas gesehen – aber als wir dann eine halbe Stunde später tatsächlich vor ihm stehen, sind wir schon sehr beeindruckt. So groß haben wir ihn uns dann doch nicht vorgestellt!

Lauschiger Hase-dera

Nachdem wir den Buddha ausgiebig bewundert haben, wandern wir weiter zum nahegelegenen Hase-dera-Tempel, der einen entzückenden Garten besitzt und malerisch auf einem Hügel liegt. Es gibt sogar einen kleinen Aussichtspunkt mit einem schönen Ausblick auf die Buch von Kamakura. Und eine Höhle, die teilweise so niedrig ist, dass wir nur stark gebückt durchgehen können.

Obwohl wir uns bemühen, viel Zeit verstreichen zu lassen (Habe ich schon erwähnt, dass es wenig Sinn macht, schon mittags am Flughafen zu sein?), ist auch dieses Gelände in weniger als einer Stunde für unseren Geschmack ausreichend erkundet.

Wir geben auf… und fahren zum Flughafen

Also geben wir auf uns vorzumachen, dass es uns nicht zum Flughafen zieht, marschieren stramm zurück zum Bahnhof, erlösen unsere Kofferrucksäcke und setzen uns in den Zug Richtung Tokyo. In Yokohama müssen wir einmal umsteigen, dann erreichen wir – kurz nach Mittag – den Flughafen. Jetzt ist unsere Welt wieder in Ordnung. Denn: Lieber stundenlang rumsitzen, als den Flug verpassen 😉

Die Wartezeit auf dem Flughafen Haneda entpuppt sich allerdings als erfreulich kurzweilig. Zuerst einmal suchen wir uns einen hübschen Sitzplatz zum Warten. Danach erkunden wir abwechselnd den Flughafen. Hier gibt es im oberen Geschoss eine richtige kleine Stadt mit Restaurants und Läden, wo ich noch zwei kleine Souvenirs ergattere.

Im Anschluss vergügen wir uns damit, dass wir in einem ebenfalls hier befindlichen SevenEleven-Konbini unsere beiden Suica-Cards bis auf wenige Yen leerräumen. Wir haben nämlich entdeckt, dass auf der Einkaufsquittung der Restbetrag, der sich noch auf der jeweiligen Karte befindet, abgedruckt ist. Sehr praktisch! Die dabei ergatterten Snacks werden natürlich sofort gefuttert 🙂

Schließlich ist es soweit, wir können das große Gepäck aufgeben und weiter in den Sicherheitsbereich. Unsere letzten Münzen reichen gerade noch für eine gemeinsame Tasse Kaffee und endlich können wir an Bord.

Über den Nordpol zurück nach Europa

Der nächtliche Rückflug nach Helsinki verläuft ohne große Zwischenfälle. Allerdings wundern wir uns über die Route. Auf dem Hinflug sind wir unterhalb von Russland über China geflogen. Diesmal fliegen wir nördlich, nahezu ausschließlich übers Meer und erfahren kurz vor der Landung in Helsinki, dass wir soeben den Nordpol überquert haben. Wir erhalten dafür sogar ein Diplom!

Anscheinend ist Finnair die einzige Fluggesellschaft, die diese Route bedient. Sie wurde lange nicht genutzt, da aber derzeit Russland umflogen wird, hat Finnair sie wieder reaktiviert. Wie schön 🙂

Am Flughafen in Helsinki angekommen, suchen wir uns zuerst unser Weiterflugterminal und anschließend ein Flughafencafe, das um vier Uhr morgens eine Möglichkeit für einen kleinen Snack anbietet. Finden wir auch – mit einer auffallend schlecht gelaunten Bedienung, die es offensichtlich bereut, diesen Job angenommen zu haben, und das durch deutlich zur Schau getragene Muffeligkeit an den Gästen auslässt.

Wir sind wieder in Europa…

Die Wartezeit auf unsere letzte Flugetappe nach München zieht sich etwas. Ich bin zu leicht gekleidet und friere im wenig geheizten Aufenthaltsbereich. In Tokyo hatte es lauschige 24 Grad und ich war natürlich zu doof, mal das Wetter zu googeln und festzustellen, dass es in Helsinki und München deutlich kälter ist. Ziemlich gerädert kommen wir in München an.

Bei der Gepäckausgabe können wir gleich den nächsten Unterschied zwischen Europa und Japan hautnah miterleben, werden wir doch unfreiwillig Zeuge mehrerer lautstark via Video-Call geführten Belanglosigkeits-Gespräche zwischen zwei Mallorca-Heimkehrerinnen und einem irgendwie dazugehörigen Mann.

Wir vermissen Japan bereits jetzt. Lieber werde ich mit Musik und Werbeslogans beschallt (deren Wortlaut ich eh nicht verstehe), als diesen dümmlichen Dialogen zuhören zu müssen. Echt maaaaahn!

Fazit

Jetzt ist die Reise also vorbei. Was für ein wunderbares Erlebnis! Selbst jetzt, über ein Jahr nach unserer Rückkehr, bin ich noch voll von all den vielfältigen Eindrücken.

Japan ist in so vielerlei Hinsicht ein fantastisches Land. Da gibt es natürlich die wunderschöne, manchmal geradezu atemberaubende Natur. Dann die überall herrschende Sauberkeit und Sicherheit. Die uralte, hochentwickelte Kunst und Kultur, wie selbstverständlich vereint mit schräg-bunter Moderne in den Großstädten. Nicht zu vergessen die praktischen Konbinis, die Getränkeautomaten (der ökologische Nachteil ist uns durchaus bewusst – geschätzt haben wir sie trotzdem), der perfekt funktionierende öffentliche Verkehr, die immer sauberen und zahlreich vorhandenen Toiletten und so vieles mehr.

Vor allem aber sind es die Menschen, die uns das Land lieben gelehrt haben. Solch eine Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft haben wir bisher noch nirgendwo erleben dürfen.

Die Menschen in Japan

Wir finden es grundsätzlich völlig OK, dass z.B. die Bedienung im Flughafen von Helsinki ihre schlechte Laune so offen kundtun konnte. In Japan dürfte das ein Angestellter niemals tun. Daher ist vielleicht vieles, was wir als „typisch japanische Freundlichkeit“ kennengelernt haben, nur ein Teil dieser sehr strengen Arbeitskultur.

Doch auch außerhalb der typischen Kunde-ist König-Situationen haben wir ebenfalls nur super-freundliche, zurückhaltende und gleichzeitig hilfsbereite Menschen erlebt. Es ist ganz offensichtlich auch ein großer Teil des japanischen Selbstverständnisses, sich nicht immer so wichtig zu nehmen, sondern seine eigenen Bedürfnisse dem Wohlbefinden der gesamten Gesellschaft unterzuordnen.

Sicherlich gibt es viele Kritikpunkte an dieser scheinbaren „Unterordnungskultur“. Zum Beispiel die extrem hohen Arbeits- und extrem niedrigen Urlaubszeiten, der Druck, der bereits auf den Schülern lastet, und so weiter.

Jeder hilft jedem

Doch gleichzeitig haben wir noch nirgendwo so viele offensichtlich zufriedene Menschen getroffen, die sich selbst als wichtigen und geschätzten Teil der Gesellschaft begreifen. Hier gibt es keine „niedrigen“ Tätigkeiten, jede Art von Arbeit wird als wertvoll wahrgenommen und jede gut erledigte Aufgabe erfüllt denjenigen mit Stolz und Zufriedenheit. Rücksichtnahme wird als selbstverständlich angesehen, Hilfsbereitschaft macht auch den Helfenden glücklich. Nach dem Motto: Wenn jeder jedem hilft, so ist auch jedem geholfen.

Ich würde mir für Deutschland auch etwas von dieser Einstellung wünschen. Rücksichtnahme ist durchaus auch ohne Selbstverleugnung möglich. Und wenn die eigenen Wünsche der Rücksicht auf andere entgegenstehen – nun, dann sollte man vielleicht mal die Wünsche überdenken, oder nicht?

Vegetarier haben es nicht leicht – und fliegen muss man auch

Wir jedenfalls können Japan als Reiseziel absolut empfehlen. Einen Wermutstropfen gibt es natürlich. Nein, eigentlich zwei: Als Vegetarier*in, erst recht als Veganer*in hat man es in Japan nicht so leicht, wie vom Land des Tofus erhofft. Aber Konbinis und die App HappyCow helfen enorm.

Der zweite Nachteil: Es liegt von uns aus so weit entfernt, dass nur ein Flug dorthin sinnvoll ist.

Ich habe im Vorfeld tatsächlich nach alternativen Anreisemöglichkeiten gesucht. Zum einen wegen meiner Flugangst, zum anderen, weitaus wichtigeren Teil aber wegen der Klimaschädlichkeit von Flugreisen. Leider gab es jedoch keine Route, die für uns – mit unserem Zeit- und/oder Geldkontingent – irgendwie umsetzbar gewesen wäre. Zur Gewissensberuhigung habe ich zumindest bei Atmosfair einen „Ablassbrief“ für unsere Flüge gekauft. Besser als nichts. Trotzdem bleibt die Tatsache, dass Flüge einfach nicht mit Klimaschutz vereinbar sind. Leider.

Gleichwohl planen wir – noch ohne konkretes Datum – einen weiteren Besuch dort. Wer weiß, vielleicht finde ich ja doch eine weniger schädliche Art, dorthin zu kommen. Es gibt noch so viel zu entdecken, so viel zu erleben. Und um noch besser vorbereitet zu sein, haben Marvin und ich auch schon angefangen, Japanisch zu lernen.

また会いましょう - たぶん日本で会いましょう?

(Auf ein Wiedersehen – vielleicht in Japan?)