Wir haben hier in Japan – neben dem Flieger für die Anreise und unseren eigenen Füßen – bereits die verschiedensten Fortbewegungsmittel genutzt: Monorail, U-Bahn, Regionalbahn, Shinkansen, Bus, Taxi, Straßenbahn und das Fahrrad. Was fehlt? Genau, eine Fähre. Und die ist heute dran.
Fährhafen Matsuyama
Für das Übersetzen von Shikoku nach Honshu hat uns Google mehrere Zeiten ausgespuckt – zwischen vier bis hin zu acht Stunden war alles dabei. Wir haben also nur eine grobe Ahnung, wie lange wir brauchen werden, und starten daher heute lieber zeitig.
Nach einem letzten Kaffee im Hotelzimmer packen wir unsere Sachen und sind bereits um 9 Uhr früh am Hauptbahnhof von Matsuyama. Von hier aus bringt uns eine S-Bahn in einer knappen halben Stunde zum Fährhafen. Die Gleise führen nicht ganz bis zum Hafen, aber das letzte Stück wird durch einen (im Bahnticket inbegriffenen) Shuttle-Bus bedient.
Es gibt zwei verschiedene Fähren: eine „normale“ und eine besonders schnelle. Wir haben es zwar nicht eilig, aber da die schnelle Fähre als nächstes – genauer gesagt in 40 Minuten – ablegt, kaufen wir für diesen sogenannten „Super Jet“ zwei Tickets. Pro Person kostet die Überfahrt normalerweise 8.000 Yen (nicht ganz 50 Euro), aber wir erhalten irgendeinen Sonderrabatt (ich habe nicht ganz verstanden, warum) und zahlen lediglich 7.000 Yen (also um die 40 Euro).
Und los geht’s!
Auch hier ist das Betreten der Fähre japantypisch genau geregelt: Beim Kauf der Tickets erhält man eine Boarding-Nummer. Sobald die Fähre bereit ist, hält das Personal ein Schild mit dem Nummernbereich hoch, der jetzt an Bord darf. Kein Gedrängel, keine rücksichtslosen Menschengruppen, die sich gegenseitig fast ins Wasser schubsen – ich liebe das! Und da wir unsere Tickets anscheinend kurz nach der Abfahrt der letzten Fähre erstanden haben, sind wir auch gleich beim ersten Schwung mit dabei.
Wir suchen uns zwei schöne Plätze am Fenster. Die Sitze sind bequem und sogar mit Sicherheitsgurten ausgestattet. Sicherheitsgurte? Wie schnell zum Teufel ist diese Fähre? Ich werde etwas nervös.
Als ich jedoch beobachte, wie andere Mitreisende sich im Mittelbereich der Fähre hinsetzen, den Gurt ignorieren und erst einmal ein kleines Nickerchen machen, beruhige ich mich wieder. Und in der Tat, es handelt sich wahrlich nicht um ein Rennboot, wie wir recht bald nach dem Ablegen merken. Weder erhebt sich der Bug aus dem Wasser noch wird man in die Sitze gepresst. Langsam ist es allerdings auch nicht, in einer angenehmen Geschwindigkeit pflügt es gleichmäßig, aber flott durch die Wellen.
Die Fahrt ist sehr kurzweilig, gibt es doch genug zu sehen, angefangen von den kleinen Inseln im Seto-Binnenmeer bis hin zu den Hafenstädten, sobald wir in Sichtweite von Honshu sind. Nicht ganz eineinhalb Stunden später landen wir auch schon in Hiroshima. Die langsamere Fähre hätte über eine Stunde länger gebraucht.
Ein liebevoll geführtes Hostel
Unmittelbar vor dem Fährterminal von Hiroshima starten gleich mehrere Straßenbahnen in die Innenstadt. Eine U-Bahn gibt es auch, allerdings nicht hier am Hafen. Macht nichts, dank Google finden wir uns prima zurecht. Die Straßenbahnen hier akzeptieren auch wieder die praktische Suica-Card und bald darauf stehen wir vor unserer Unterkunft.
Hier haben wir uns erneut für ein privat geführtes Hostel entschieden, das nicht nur günstig ist und prima liegt, sondern außerordentlich viele gute Bewertungen erhalten hat, hauptsächlich wegen Mako, der Besitzerin.
Tatsächlich begrüßt sie uns auch gleich total lieb und in perfektem Englisch. Allerdings sind wir noch zu früh für unser Zimmer (was wir schon wussten), dürfen aber unsere großen Rucksäcke schon mal hierlassen. Sie gibt uns einen Tipp, wo wir die Zeit überbrücken können, bis unser Zimmer fertig ist, nämlich in einem in Fußreichweite gelegenen, besonders schönen Garten.
Japanischer Garten – Genuß für das Auge
Wir machen uns auch gleich auf den Weg. Und weil wir Hunger haben, versorgen wir uns in einem Konbini mit gebratenem Reis und Salaten. Im Garten finden wir sicher irgendwo einen schönen Platz zum Essen, glauben wir – naiv wie wir sind.
Dort angekommen stellen wir fest, dass es sich nicht, wie wir gedacht haben, um ein parkähnliches Gelände handelt, sondern tatsächlich um einen „echten“ japanischen Garten, mit Mauer drumherum und Eintritt. Und einfach nur wunderschön. Es ist unglaublich, mit welcher Gartenbau-Perfektion dieses Gelände gestaltet wurde. Wenn ich da an meinen wild wuchernden Sauhaufen zuhause denke…
Mit einem lauschigen Plätzchen fürs Essen ist aber erst einmal Essig. Inmitten all dieser Pracht werden futternde Touristen ganz sicher nicht geduldet. Wir suchen und finden schließlich versteckt hinter einem Hügel, direkt am vorbeifließenden Fluss und außer Sichtweite des restlichen Gartengeländes eine Bank, die uns abgelegen genug erscheint. Aber kaum haben wir unsere Plastikschüsseln ausgepackt, kommt auch schon ein Aufseher herbeigeeilt und erklärt uns, dass das verboten sei.
Wir packen unsere Sachen wieder ein, ich bin allerdings etwas stinkig. Wenn ich hungrig bin, neige ich dazu. Außerdem haben wir doch extra darauf geachtet, niemanden mit unserem Anblick beim Essen zu belästigen. Unseren Müll hätten wir selbstverständlich auch wieder mitgenommen. Aber gut, so sind nun mal die Regeln hier, da muss frau sich einfügen. Geahnt hatten wir es ja eh schon.
Ein paar Wege weiter, nahe dem Ausgang, entdecken wir schließlich einen Bereich, in dem unter kleinen Holzdächern einige Bänke und Tische stehen und Schilder darauf hindeuten, dass hier das Essen erlaubt ist. Ah! So läuft das also. Na gut, das ist auch in Ordnung. Versöhnt stürze ich mich auf meinen Reis. Und sobald ich satt bin, wird meine Laune auch wieder besser.
Einzug in unser Zimmer
Anschließend ist es Zeit, unser Zimmer zu beziehen. Wieder zurück am Hostel empfängt uns erneut eine bezaubernd fröhliche Mako. Sie erklärt uns, dass im gesamten Gebäude Straßenschuhe nicht erlaubt sind. Im Eingangsbereich gibt es ein extra Regal, in dem man seine Schuhe deponieren kann, Leihpantoffeln stehen auch zur Verfügung. Hier kommen jedoch (mal wieder) die Schlappen zum Einsatz, die wir extra für solche Zwecke eingepackt haben – die durchschnittlichen japanischen Schuhe sind einfach viel zu klein für uns.
Unser Zimmer ist geräumig und die Betten bequem. Es gibt im Haus insgesamt zwei Duschen, drei Toiletten, einen Bereich mit Waschbecken für die kleine Wäsche sowie eine kleine Gemeinschaftsküche. Alles blitzsauber und liebevoll dekoriert. Kein Wunder, dass diese Unterkunft so gute Bewertungen hat. Zusammen mit der Freundlichkeit von Mako fühlt man sich hier sofort wohl.
Die Stadt der japanischen Pfannkuchen
Wir ruhen uns ein wenig aus, ehe wir das letzte für heute geplante Ziel ansteuern: Okonomimura, die „Stadt des Okonomiyaki“. Genauer gesagt handelt es sich hierbei um zwei (von sieben) Stockwerke eines Hochhauses in der Innenstadt von Hiroshima, wo sich ein Okonomiyaki-Restaurant neben das andere reiht. Wir lieben Okonomiyaki, haben aber bisher nur die selbstgemachte Variante kennengelernt.
In Japan gibt es – grob gesagt – zwei verschiedene Zubereitungsarten: Osaka-Style (Pfannkuchenzutaten größtenteils miteinander vermischt) und Hiroshima-Style (der Pfannkuchen besteht aus voneinander getrennten Schichten). Welcher Stil hier angeboten wird, sollte auf der Hand liegen. Zuhause bereiten wir immer die Osaka-Variante zu. Daher sind wir gespannt, wie es uns heute schmecken wird.
Dank unserer HappyCow-App wissen wir auch, wo wir auf Anfrage eine vegetarische Version bekommen. Da wir (anja-und-marvin-typisch) gleich zu Beginn der Essensstunde im Hochhaus sind, bekommen wir sofort einen Platz. Der Restaurantbetreiber ist ein total lockerer und sehr netter Typ, nimmt unseren Wunsch nach vegetarischer Zubereitung sehr ernst und fragt bei jeder Zutat, ob sie für uns in Ordnung ist. Trotz mehrerer hinzukommender weiterer Gäste hat er unsere Pfannkuchen auch genau im Blick.
Allein das Zusehen bei der Zubereitung macht viel Spaß. Und schmecken tut es super. Auch wenn ich feststelle, dass ich unsere heimatliche Version doch etwas lieber mag. Bei der hiesigen Variante ist die Krautschicht etwas matschig (wie gegarter Kohl halt nun mal ist). Aber das sind im Grunde unwichtige Details, im Gesamten sind wir sehr zufrieden und genießen das Essen und das Ambiente.
Abenddrink im Roku
Eigentlich wäre ich danach am liebsten nur noch auf mein Bett gefallen, aber da habe ich die Rechnung ohne unsere Zimmerwirtin gemacht. Zurück im Hostel fängt sie uns nämlich gutgelaunt ab und lotst uns in ihr kleines Cafe.
Wir quatschen bei einem Getränk und Knabberkram (beides kostenlos) noch eine ganze Weile mit ihr und anderen Gästen (aus Australien), ehe wir schließlich zu später Stunde doch noch in unsere Betten kommen. Müde, aber glücklich 🙂
Überblick
Datum: Freitag, 06. Oktober 2023
Unterkunft: Roku Hostel, Hiroshima, Naka-ku Hakushimakuken-cho 6-18